Schmilzt das Eis auf dem Nordpolarmeer, könnten die Winter in Mitteleuropa strenger werden. - © Knauer
Schmilzt das Eis auf dem Nordpolarmeer, könnten die Winter in Mitteleuropa strenger werden. - © Knauer

Berlin. Hoch oben im Norden des Atlantiks schwächelt bei Reykjavik bereits seit Februar das Islandtief, auch das Azorenhoch weiter im Süden ist seither mehr als schwach auf der Brust. Das Ergebnis ist ein eisiger März in weiten Teilen Europas nördlich der Alpen. Wenn dadurch vor allem der gesamte Nordosten Deutschlands mit einer dicken Dauerschneedecke das Osterfest und damit die ersten Feiertage im Frühling einläutet, wird fast zwangsläufig die Frage laut "Und wo bleibt der Klimawandel?"

Das eine könnte sogar die Folge des anderen sein, vermuten unabhängig voneinander Wladimir Petoukow vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Klaus Dethloff in der Forschungsstelle Potsdam des Alfred-Wegener-Instituts. Mit Hilfe von Computermodellen zeigen sie, wie der Klimawandel Teile Europas in einen Eiskeller verwandeln könnte: Wenn die moderne Zivilisation viel Kohle, Öl und Gas verbrennt, steigen weltweit die Temperaturen und auf dem Nordpolarmeer schmilzt das Eis. Genau das registrieren Forschungssatelliten seit einigen Jahren. Mit dem Eis aber fehlt auch der Deckel, der vor allem im Herbst und Winter die Energie im Wasser hält. Daher erwärmt sich auch die Luft über den eisfreien Wasserflächen. Dadurch aber verändert sich auch der Luftdruck über dem Atlantik in arktischen und in mittleren Breiten und es kann sich ein Hoch über Skandinavien bilden, das uns Eiseskälte beschert.

Islandtief und Azorenhoch


"Normalerweise ist der Luftdruck im Norden zum Beispiel bei Reykjavik relativ niedrig, dort liegt das Islandtief", erklärt Lars Kirchhübel vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach. Weiter im Süden dominiert dagegen oft ein kräftiges Hochdruckgebiet bei den im Atlantik liegenden Azoren das Wettergeschehen. Zwischen dem Islandtief und dem Azorenhoch aber pfeift ein kräftiger Wind nach Osten und trägt im Winter feuchte, relativ milde Luftmassen nach West- und Mitteleuropa. Damit aber fällt der Winter hierzulande ins Wasser.

Grüne Weihnachten


Schwächen sich Azorenhoch und Islandtief ab, schläft dieser aus westlichen Richtungen kommende Wind ein. Ein Hoch über dem Ostatlantik oder Skandinavien bis nach Mitteleuropa drängt dann die schwachen Tiefdruckgebiete Richtung Mittelmeer ab. Gleichzeitig trägt Ostluft sibirische Kälte weit in den Westen des Kontinents. Genau das passierte Anfang Dezember 2012 und der Winter hielt Mitteleuropa fest im Griff. In der Mitte des Monats aber kamen Azorenhoch und Islandtief wieder zu Kräften und die Westwinde bescherten uns grüne Weihnachten. Erst die zweite Jännerhälfte brachte den Winter zurück - nur um Anfang Februar wieder einer milden Episode Platz zu machen.