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Das Ozonloch schrumpft

Von Alexandra Grass

Wissen

US-Forscher sehen einen ersten "Heilungsprozess" in der Atmosphäre über der Antarktis.


Cambridge/Wien. Seit es im Jahr 1985 entdeckt worden war, galt das Ozonloch über der Antarktis als Symbol für die Fähigkeit des Menschen, unbeabsichtigt massive Umweltschäden erwirken zu können. Heute ist hingegen ein Funke der Hoffnung durchaus berechtigt, denn die viel gefürchtete Lücke in der schützenden Ozonschicht schrumpft, wie Wissenschafter des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge in der Fachzeitschrift "Science" berichten.

"Es ist eine große Überraschung für uns. Wir dachten nicht, dass dies so früh passieren würde", betont die Klimaforscherin Susan Solomon vom MIT Department for Earth, Atmospheric and Planetary Sciences.

Das Forscherteam konnte anhand von Messdaten und Simulationen nachweisen, dass das September-Ozonloch seit dem Jahr 2000 - dem Höhepunkt des jährlichen Abbaus in der Ozonschicht - mehr als vier Millionen Quadratkilometer geschrumpft ist. Dies entspricht der Hälfte der USA, so die Forscher in der Studie. Die Wissenschafter zeigten dabei ebenso zum ersten Mal, dass diese stetige Erholung aufgrund von Vulkanausbrüchen - auch vulkanische Aerosole zerstören Ozon - langsamer vorangeschritten sei.

Totalverbot von FCKW

"Obwohl sich das Loch wohl nicht vor der Mitte des 21. Jahrhunderts komplett schließen wird, ist der Heilungsprozess vor allem für jene Forscher, die das Montrealer Protokoll forcierten, doch beruhigend", schreibt der "Science"-Journalist Eric Hand in einem Kommentar zur Publikation.

Das Montrealer Protokoll war im September 1987 als multilaterales Umweltabkommen von insgesamt 197 Staaten, darunter auch Österreich, ratifiziert worden. Die Unterzeichner hatten sich zur Reduzierung und in Folge zur vollständigen Abschaffung der Emission von chlor- und bromhaltigen Chemikalien, die stratosphärisches Ozon zerstören, verpflichtet. Darunter befanden sich etwa Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), die lange Zeit als Treibgas für Sprühdosen, Kältemittel in Kühlschränken, Triebmittel für Schaumstoffe und Lösungsmittel verwendet wurden.

Chlorhaltige Chemikalien treiben die Zerstörung des stratosphärischen Ozons voran, das uns, sofern unbeschadet, vor dem krebsfördernden ultravioletten Sonnenlicht schützt. "Wir können jetzt sicher sein, dass die Entscheidungen, die wir getroffen haben, den Planeten auf den Weg der Heilung gebracht haben", freut sich Solomon.

Das schützende Ozon in der Stratosphäre - in etwa zehn bis 50 Kilometer Höhe - wird allerdings nicht nur durch Chlor beeinflusst, sondern auch durch die vorherrschende Temperatur und das Sonnenlicht.

Das Ozonloch war erstmals in den 1950er Jahren entdeckt worden. Mitte der 1980er Jahre erkannten Forscher, dass die Schichten jeweils im Oktober stark reduziert waren. Von da an wurde Jahr für Jahr in diesem Monat nachgemessen. Das Loch öffnet sich jedes Jahr im Frühling auf der Südhalbkugel. Dann sorgt die nach dem langen Polarwinter einsetzende Sonneneinstrahlung dafür, dass die ozonschädigenden Stoffe, die sich im Winter angereichert haben, ihre Wirkung entfalten können. Im Oktober erreicht das Ozonloch jeweils seine größte Ausdehnung. Die Messungen werden seit einigen Jahren jedoch im September vorgenommen, weil die Oktoberdaten für Schwankungen anfälliger seien - etwa durch kleine Veränderungen in der Meteorologie, erklärt Solomon in der Publikation.

50 Prozent wetterbedingt

"Für mich ist es das erste Mal, dass dies zweifelsfrei bestätigt werden kann", erklärt der nicht an der Studie beteiligte Klimaforscher Neil Harris von der University of Cambridge in Großbritannien. Paul Newman vom Goddard Space Fligth Center in Greenbelt betont wiederum, dass nur die Hälfte der mit vier Millionen Quadratkilometern angegebenen Schrumpfung auf die Reduktion von chlor- und bromhaltigen Chemikalien zurückzuführen sei. Die andere Hälfte ergäbe sich durch Wetterverhältnisse. Solomon hätte mit ihrer Studie auf jeden Fall ein wissenschaftliches Puzzle aufgedeckt.

Das Ozonloch, genauer seine Schließung, gilt wohl als Beleg dafür, dass die Menschheit durchaus in der Lage ist, recht rasch, global und auch erfolgreich auf Bedrohungen reagieren zu können.