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Es wird heiß

Von Alexandra Grass und Eva Stanzl

Wissen
Intensiv heiße Tage: Der vom Menschen gemachte Klimawandel macht Hitzewellen noch heißer als früher.
© fotolia/Kwangmoo

Klima-Experten sehen immer trockenere Sommer und feuchtere Winter auf uns zukommen. Schuld sind Treibhausgase.


Wien. Temperaturen wie im Hochsommer, aber bereits zu Sommerbeginn: Meteorologen erwarten für Samstag in manchen Teilen Österreichs stolze 36 Grad Celsius. Auch in der kommenden Woche findet die Hitzewelle ihre Fortsetzung. Der kühlste Tag soll laut den Prognosen der Sonntag werden - mit "nur" bis zu 31 Grad. Verglichen mit dem Juni-Hitzerekord von 2013 ist das allerdings noch kommod: Damals wurden in Waidhofen an der Ybbs 38,6 Grad - Temperaturen wie in Italien zu den Augustferien - gemessen.

"Es ist eine für diese Zeit doch sehr ungewöhnlich lange und intensive Hitzewelle", sagt der Klimatologe Alexander Orlik von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zur "Wiener Zeitung". Der Juni 2017 werde voraussichtlich um etwa drei Grad wärmer werden als das langjährige Mittel. "Das hat durchaus auch mit dem menschengemachten Klimawandel zu tun." Doch nur zu einem Teil. Ein Grad Celsius sei der Erderwärmung zuzuordnen, ein weiteres Grad sei die "normale, natürliche Schwankung" und der Rest eine Kombination aus mehreren Faktoren.

Mehr Tage mit 35 Grad plus

Extrem heiße Tage können Mensch und Umwelt zu schaffen machen. Praktisch alle Pflanzen der Landwirtschaft, vom Getreide bis zu den Weinreben, verwelken. Bäche trocknen aus, Flüsse führen weniger Wasser und ganze Regionen leiden an Wasserknappheit. Beim Menschen drückt die Hitze auf Gesundheit und Wohlbefinden.

Experten rechnen damit, dass Rekordtemperaturen zunehmend öfter auftreten und die Hitzewellen intensiver werden. Am Climate Impact Lab an der Universität Berkeley im US-Bundesstaat Kalifornien studieren Forscher historische, sozioökonomische und klimatische Daten, um den Einfluss der Klimaveränderung auf den Menschen zu definieren. Das Gemeinschaftsprojekt von rund 20 Klimaforschern, Ökonomen und Analysten erarbeitet wissenschaftliche Grundlagen für die UNO-Klimagipfel. Es hat errechnet, dass Tage, an denen es 35 Grad und mehr hat, im Lauf dieses Jahrhunderts zahlreicher werden. Selbst wenn die Länder moderate Maßnahmen gegen den Treibhausgas-Ausstoß gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 verwirklichen, wird es immer heißer. Durchschnittlich sieben Tage über 35 Grad hätte es etwa von 1986 bis 2005 in der US-Hauptstadt Washington gegeben. Für das Jahr 2100 rechnen die Forscher aber mit 29 extrem heißen Tagen. In manchen Großstädten könnten die Temperaturen bis dann um bis zu acht Grad Celsius steigen.

Auch unser vielleicht dritt- oder sogar zweitheißester Juni - die genaue Platzierung hängt noch von den kommenden Tagen ab - passe in dieses Bild, bestätigt Douglas Maraun, Experte für Regionale und Lokale Klimamodellierung an der Karl-Franzens-Universität in Graz. "Eine Hitzeperiode wie derzeit ist eine Wetterlage. Derartige Wetterlagen gab es natürlich schon früher. Doch die Zahl der Hitzewellen könnte sich durch den Klimawandel verändern und ganz sicher erhöht der Ausstoß von Treibhausgasen die Temperaturen innerhalb dieser Wetterlagen", sagt er.

Der Juni wird immer wärmer

Vor etwa 40 Jahren fielen heiße Perioden also kühler aus. "In Zukunft werden sie entsprechend wärmer werden", warnt Maraun: "Und letztendlich können sich solche Wetterlagen schon früher im Jahr ausprägen."

In Österreich hat in den letzten Jahrzehnten die Sonnenscheindauer zugenommen, zeigen Analysen des ZAMG. Daraus lasse sich ein Temperaturtrend hin zu einem wärmeren Klima ablesen. Dieser Trend ziehe sich durch fast alle Monate, erläutert Alexander Orlik: "Besonders stark ist der Effekt im April und in den Sommermonaten. Der Juni etwa ist seit Mitte der 1980er Jahre um zwei Grad wärmer geworden." Ähnlich verhalte es sich mit den restlichen warmen Monaten. Und im Herbst und Winter betrage die Erwärmung immerhin 1,5 Grad.

Dürren sind damit auch in Österreich keine Seltenheit mehr. Noch dramatischer aber verläuft der Klimawandel in der Region des Mittelmeers. Am Freitag rief Italiens Regierung anlässlich der extremen Trockenheit den Notstand in den norditalienischen Provinzen Parma und Piacenza aus. 8,65 Millionen Euro wurden freigegeben, um Landwirte und Viehzüchter im Kampf gegen die Dürre zu unterstützen. Forscher des ligurischen Meteorologie-Verbands teilten indessen mit, dass die Temperaturen im Golf von Ligurien bei 25 Grad liegen. Das sei fünf Grad über dem Durchschnitt in der zweiten Juni-Dekade, berichtete die Tageszeitung "La Stampa". Chemiker wollen nun das Wasser testen, um zu verstehen, was durch den Klimawandel geschieht. Die Experten warnen vor Auswirkungen auf die Fischerei und auf bestimmte Arten von Korallen.

Wüstenhitze weiter nördlich

Derzeitigen Klimamodellen zufolge sollen sich Hochdruckgebiete immer weiter nach Norden verlagern. Das bedeutet, dass sich der heute in der Sahara liegende Hochdruckgürtel Richtung Europa verschieben wird. "Das Mittelmeergebiet ist auf jeden Fall ein Hotspot des Klimawandels", betont Douglas Maraun. In Deutschland und Österreich werde der Niederschlag im Sommer abnehmen, während die Winter feuchter würden. "Das ist eine sehr robuste Aussage", wie er betont.

Die EU rüttelt indessen nicht am Pariser Klimaschutzabkommen. Das im Dezember 2015 von 195 Ländern vereinbarte Übereinkommen will die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen. Die Vereinbarung bleibe eine der zentralen Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel und könne trotz der Abkehr von US-Präsident Donald Trump nicht neu verhandelt werden, hieß es am Donnerstagabend in einer Erklärung des Europäischen Rates in Brüssel. Letzteres hatte Trump gefordert. Die 28 Staats- und Regierungschefs der Union bekräftigten aber nun ihren Willen zur Zusammenarbeit und wollen insbesondere auch stark vom Klimawandel betroffenen Ländern unter die Arme greifen.