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Schlaf unterstützt Immunzellen

Von Alexandra Grass

Wissen
© AdobeStock/Jörn Buchheim

Deutsche Forscher fanden heraus, wie der Körper während der Nachtruhe Infektionen bekämpft.


Tübingen/Wien. "Schlaf ist die beste Medizin", heißt es schon im Volksmund. Vor allem zu dieser Zeit laufen jene Regenerationsprozesse ab, die unser Körper für seine Wachzeiten benötigt. Sogar Infektionen bekämpft der Mensch im Schlaf. Welche Mechanismen dabei ablaufen, hat ein Forscherteam um Soyan Dimitrov und Luciana Besedovsky von der Universität Tübingen nun herausgefunden. Chronischer Stress und Schlafmangel machen den Körper hingegen anfälliger für Krankheiten, berichten die Neurobiologen im "Journal of Experimental Medicine".

Schlaf sorgt demnach dafür, dass sich die Fähigkeit der Immunzellen des Körpers, Krankheitserreger anzugreifen, verbessert. Dabei nehmen vor allem die sogenannten T-Zellen eine bedeutende Rolle ein. Sie bilden eine Gruppe von weißen Blutzellen und dienen der körpereigenen Abwehr. Erkennen T-Zellen ein bestimmtes Angriffsziel, etwa eine mit einem Virus infizierte Zelle, werden bestimmte Proteine - sogenannte Integrine - aktiviert, die es ihnen ermöglichen, sich an den Eindringling zu heften und diesen abzutöten. Integrine fungieren zwischen den Zellen wie ein Klebstoff und sorgen für die nötigen Signalübertragungen. Während diese Mechanismen mittlerweile gut erforscht sind, war bisher noch wenig darüber bekannt, welche Signalwege die T-Zellen in der Umsetzung ihrer Aufgabe beeinflussen.

Hormonsache

Die Wissenschafter haben eine Gruppe bestimmter Moleküle ausfindig gemacht, die sogenannten G-Protein-gekoppelten Rezeptoragonisten, die in dem Mechanismus wesentlich verankert sind. Diese Gruppe beinhaltet etwa die Hormone Adrenalin und Noradrenalin sowie Gewebshormone wie Prostaglandine. Sie verhindern, dass die T-Zellen ihren Klebstoff freisetzen, nachdem sie ihr Ziel anvisiert haben. Hohe Anteile dieser Moleküle verhindern damit einen Gesundungsprozess und fördern etwa Tumorwachstum, Infektionen oder Stress, so Dimitrov in der Publikation.

Während des Schlafes hingegen senkt der Körper sein Adrenalin-, aber auch Prostaglandinlevel ab. Die Forscher verglichen die T-Zellen von zwei verschiedenen Versuchsgruppen - nämlich schlafenden und nicht-schlafenden Probanden. Abwehrzellen, die jenen Personen entnommen wurden, die einen geruhsamen Schlaf genossen, zeigten eine höhere Aktivität von Integrinen. Das ist für das Auffinden und "Einfangen" von kranken Zellen von Vorteil.

"Unsere Forschung zeigt, dass Schlaf die Effizienz der T-Zellen anhebt. In Hinblick auf den Anstieg von Schlafstörungen, Depressionen, chronischem Stress, Alterung und Schichtarbeit ist das ein relevantes Ergebnis", betont Besedovsky.

Die Forscher begeben sich nun auf die Suche nach neuen Therapiemöglichkeiten, um negative Effekte von solchen Beeinträchtigungen ausschalten zu können. Die Erkenntnisse könnten auch für die Krebsimmuntherapie von Bedeutung sein. Dabei sollen T-Zellen dazu angespornt werden, Tumorzellen zu attackieren und schließlich auszuschalten.

7,5 Stunden Minimum

Auch das Herz-Kreislaufsystem erholt sich im Schlaf. Das Gehirn wiederum ist im Schlaf häufig aktiv, manchmal - nämlich in der sogenannten REM-Phase - sogar aktiver als untertags. Hirnforscher gehen davon aus, dass unser Denkorgan während der Nacht die Informationen des Tages verarbeitet. Experten raten zu mindestens 7,5 Stunden Nachtruhe.