Doch existieren gesellschaftliche Werte und Technologien wirklich unabhängig voneinander? Manifestieren sich Werte nicht bereits in den Technologien? Die Diskussion streifte die Entstehung von neuen Technologien nur kurz: "Wir haben die Verantwortung, was wir programmieren und welche Maschinen wir letztlich auf die Straße lassen", sagte Siegetsleitner mit Blick auf autonome Fahrzeuge. Die Ethikkommission der deutschen Bundesregierung habe etwa das Zufallsprinzip als Entscheidungsalgorithmus bei Dilemmata abgelehnt. Es war zu Diskussion gestanden, nach welchen Kriterien autonome Fahrzeuge Entscheidungen treffen sollen. Sollen sie etwa so programmiert sein, dass sie Kinder schonen und im Dilemma eher die ältere Person überfahren? Elisabeth Nemeth hält den Ausschluss des Zufalls für berechtigt: "Wir können die Wertedebatte, um die es dabei geht, nicht der Maschine überlassen, indem wir sie als ‚Zufall‘ deklarieren, denn auch diese Entscheidung treffen wir. Wir können uns der Verantwortung nicht entledigen."

Vernetzung und Veränderung

Die Sitzreihen in der Wienbibliothek waren voll besetzt; das Publikum brachte schließlich zwei mögliche Kandidaten für neue Werte ins Spiel: Vernetzung und Veränderung. Der Wissenschaftsphilosoph Friedrich Stadler griff den Vernetzungsbegriff auf: "Wir agieren nicht als Individuen, sondern als Kollektive", erklärte er. In diesem Sinne, so Elisabeth Nemeth schließlich, erreichen wir durch die technologische Vernetzung ein neues Level der Kollektivität. "Indem das Kollektiv mehr Bedeutung bekommt, müssen wir weniger über neue Werte nachdenken als uns vielmehr zu fragen, wie wir uns als handelnde Wesen sehen."

Das Thema Digitalisierung wird bleiben: Die nächste Dialogic-Veranstaltung findet voraussichtlich Ende September statt und widmet sich der Aktualität von Ludwig Wittgenstein.