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Bioelektronik gibt den Ton an

Von Alexandra Grass

Wissen

Neue Materialien ermöglichen eine bessere Kommunikation zwischen Elektronik und dem Körper.


Elektrische Reize sorgen im Körper etwa dafür, dass Nervenzellen feuern und Informationen weiterleiten oder verarbeiten. Vor allem die Neuronen reagieren auf solche Impulse besonders gut. Schon lange wird in der Medizin versucht, bestimmte Bereiche im Körper mittels Elektroden zu stimulieren und damit zu beeinflussen. Für die Anwendung sollten sie möglichst viele Eigenschaften aufweisen, an denen es bisher mangelt. Sogenannte bioelektronische Geräte sollten nicht nur schnell, sensitiv, biokompatibel, weich und flexibel sein, sondern auch in Kombination mit physiologischen Umgebungen wie dem menschlichen Körper eine Langzeitstabilität aufweisen.

Ihnen wird ein enormes Potenzial auf vielen Bereichen zugesprochen. Solche Geräte würden die menschliche Gesundheit erheblich verbessern - von der Überwachung des Wohlbefindens zu Hause bis zur Diagnose und Behandlung neuropsychiatrischer Erkrankungen, einschließlich Epilepsie und Parkinson, schreibt ein Forscherteam um Dio Khodagholy von der Columbia University im Fachblatt "Science Advances".

Neurologische Erkrankungen

Eine der größten Hürden in der Bioelektronik ist die schwache elektronische Kommunikation zwischen biologischen und elektronischen Komponenten. Die Wissenschafter der Columbia University haben dabei nun wesentliche Fortschritte erzielt. Bereits im März hatte Khodagholy in zwei Artikeln berichtet, ionengetriebene, weiche und organische Transistoren entwickelt zu haben. Ziel ist die Aufzeichnung einzelner Neuronen in Echtzeitberechnung, die die Diagnose und Überwachung neurologischer Erkrankungen erleichtern könnte.

"Anstatt große Implantate in dicken Metallboxen zu stecken, um Körper und Elektronik voreinander zu schützen, wie es etwa bei Herzschrittmachern, Cochlea- oder Gehirnimplantaten der Fall ist, könnten wir viel mehr tun, wenn unsere Geräte kleiner, flexibler und mit unserer Körperumgebung kompatibel wären", betont Khodagholy in einer Aussendung zur Publikation.

Darin präsentieren die Forscher ein neues biokompatibles Material, das eine einfache und effektive elektronische Verbindung zwischen weichen Materalien, biologischem Gewebe und starrer Elektronik ermöglicht. Damit können komplexe elektronische Komponenten hergestellt werden, für die für gewöhnlich mehrere Schichten und Materialien erforderlich sind. Sie ermöglichen auch die gewünschte elektronische Verbindung mit der Körpermasse.

Da dieses organisch gemischtleitende Partikelmaterial (MCP) vollständig biokompatibel ist und kontrollierbare elektronische Eigenschaften aufweist, kann es Nervenaktivitäten etwa auch von der Armoberfläche aus aufzeichnen. Dazu wird der Film direkt auf die Haut aufgebracht.

Implantate als Ziel

Damit kann nun eine effektive und sichere Schnittstelle mit dem menschlichen Körper hergestellt werden, um komplexe Prozesse durchzuführen. Die Forscher arbeiten nun weiter daran, diese Komponenten in funktionelle, langlebige und implantierbare Geräte zu gießen, die eventuell Gehirnaktivitäten aufzeichnen und modulieren können, um etwa Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie Epilepsie zu helfen. "Unser oberstes Ziel ist es, zugängliche bioelektronische Geräte zu entwickeln, die die Lebensqualität der Menschen verbessern können", betont Khodagholy. "Mit diesen neuen Materialien und Komponenten scheinen wir dem näher gekommen zu sein", so der Wissenschafter.