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Schon Ende Juli alles aufgebraucht

Von Alexandra Grass

Wissen

Der Erschöpfungstag ist heuer rund drei Wochen früher als im vergangenen Jahr.


Wie schnell verbraucht der Mensch alle natürlichen Ressourcen, die sein Heimatplanet innerhalb eines Jahres erzeugen und regenerieren kann? Lag dieser Kipppunkt in den 1970er Jahren noch im Dezember, so wird die ökologische Belastungsgrenze der Erde dieses Jahr mit dem 29. Juli angegeben. Im Vergleich zum Vorjahr findet der Earth Overshoot Day - auch Erdüberlastungstag oder Welterschöpfungstag genannt - um drei Wochen früher statt. 2020 hatte die Corona-Pandemie mit ihren Lockdowns diesen Tag nach hinten verschoben.

Bei den Berechnungen durch Experten des Global Footprint Networks und dessen Partnerorganisation Germanwatch werden zwei rechnerische Größen gegenübergestellt: Einerseits ist es die biologische Kapazität des Planeten, um Ressourcen aufzubauen sowie Müll und Emissionen aufzunehmen. Andererseits wird der Bedarf an Wäldern, Flächen, Wasser, Ackerland und Fischgründen gemessen.

"Die Rechnung ist ganz einfach. Wir gehen davon aus, dass der materiell limitierende Faktor für den Menschen auf der Welt die Regeneration der Erde ist", erklärt der Gründer des Global Footprint Networks und Erfinder des ökologischen Fußabdrucks, Mathis Wackernagel, in einem YouTube-Video. Wie viel brauchen wir für unser Essen, unsere Fasern, unser Holz und, um das CO2 zu absorbieren? Wie viel können die Ökosysteme wie Wälder, Felder oder Seen und Meere regenerieren? Stellt man diese Fragen gegenüber, lasse sich die Bilanz ziehen.

Wie ein Bankkonto

"Wir können die Ressourcen über eine gewisse Zeit, wie ein Bankkonto, nutzen. Aber dann wird das Kapital abgebaut. Wir essen, wir wohnen, wir bewegen uns, kaufen Dinge. Alles zusammen ist der ökologische Fußabdruck", skizziert Wackernagel.

Um ihren Ressourcenbedarf nachhaltig zu decken, bräuchte die Weltbevölkerung den Angaben zufolge derzeit rechnerisch 1,6 Planeten. Würden alle Länder so wirtschaften wie etwa Deutschland, wären sogar drei Erden nötig, heißt es seitens Germanwatch.

Läge die Berechnung alleine an Österreich, wäre es gar schon am 7. April so weit gewesen. Der Overshoot Day eines Landes ist das Datum, auf das der Earth Overshoot Day fallen würde, wenn die gesamte Menschheit so konsumieren würde wie die Menschen in diesem Land. Nach österreichischer Lebensweise wären 3,5 Erden nötig.

Heuer liegt der Welterschöpfungstag wieder auf dem Niveau von 2019. "Statt eines grünen Neustarts nach der Krise ist nun wieder grenzenlose Ausbeutung an der Tagesordnung. Alles, was wir ab diesem Tag brauchen, geht auf die Kosten der nächsten Generationen und schädigt die natürlichen Systeme der Erde", warnt Michael Schwingshackl von der Plattform Footprint gemeinsam mit den Umweltschutzorganisationen WWF Österreich und Global 2000 in einer Aussendung.

"Wir müssen endlich die vorhandenen planetarischen Grenzen respektieren und unseren Ressourcenverbrauch drastisch reduzieren", erklärt Lena Steger, Ressourcenexpertin bei Global 2000. Die derzeit in Bearbeitung befindliche Österreichische Rohstoffstrategie 2030 sowie die Kreislaufwirtschaftsstrategie würden eine gute Möglichkeit bieten, Reduktionsziele politisch zu verankern.

CO2 eine zentrale Größe

Eine zentrale Größe ist u.a. der Ausstoß von CO2. Deshalb war es auch 2020 zu einem Sondereffekt gekommen. Die Drosselung der wirtschaftlichen Nachfrage sowie die Lockdowns ließen insbesondere den CO2-Ausstoß sinken und verzögerten den Überlastungstag gegen den Trend auf den 22. August. Laut Global Footprint Network wird dieser Ausstoß im Zuge der nachlassenden Folgen der Corona-Krise um 6,6 Prozent steigen. "Wir erleben nun den befürchteten Rebound-Effekt, das sprunghafte Wiederansteigen der Emissionen nach dem Höhepunkt der Pandemie", so Germanwatch-Experte Steffen Vogel. Es brauche "dringender denn je ein Umsteuern".

Der Earth Overshoot Day verschiebt sich bereits seit 20 Jahren nahezu kontinuierlich immer weiter nach vorn. Im Jahr 2000 lag er noch am 23. September. Wackernagel gibt eines zu bedenken: "Wir haben noch nicht so ganz verstanden, dass wir selbst diese Zukunft leben werden."