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Mit Medikamenten gegen Covid-19

Von Alexandra Grass

Wissen
© adobe stock / angellodeco

Derzeit gibt es vier Mittel - die ambulante Versorgung in Österreich ist aber noch im Aufbau.


Der Jahresbeginn 2022 hat in Bezug auf die Behandlung von Covid-19 eine neue Tür geöffnet. Für Risikopatienten stehen mittlerweile vier - darunter auch orale - Medikamente zur Verfügung, die sowohl prophylaktisch als auch in der akuten viralen Phase zum Einsatz kommen können. Im Rahmen eines Hintergrundgesprächs, veranstaltet vom Verein "Am Plus - Initiative für Allgemeinmedizin und Gesundheit", skizzierte der Infektiologe Christoph Wenisch am Montag den Status quo der antiviralen Behandlungsformen bei Covid-19. Das ambulante Versorgungsnetz ist erst im Aufbau.

Eine Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 läuft in mehreren Phasen ab. Auf etwa einer Woche virale Phase kann die gefährlichere, inflammatorische Phase folgen, bei der es im Körper der Infizierten zu Entzündungsprozessen kommt. Die Mediziner konzentrieren sich daher im Moment in erster Linie auf die erste Zeit der Erkrankung, um mit antiviralen Medikamenten starke Verläufe abfedern und Todesfälle vermeiden zu können. Der Fokus liegt auch hier wieder bei Risikopatienten.

Hoch effektiv

Sobald Entzündungsprozesse im Körper in Gang kommen, bedarf es antiinflammatorischer Arzneien, betonte Wenisch. "Hier hat man in der Vergangenheit einen Fehler gemacht", denn in der zweiten Phase der Erkrankung zeige eine antivirale Behandlung, wie sie häufig etwa mit Remdesevir verabreicht wurde, keine Wirksamkeit mehr. Präparate wie dieses oder auch Sotrovimab, Molnupiravir oder Ritonavir in Kombination mit Nirmatrelvir wirken nur zu Beginn der Erkrankung, betonte der Infektiologe. Am meisten profitieren Risikopatienten wie Diabetiker, Adipöse oder sonst mehrfach chronisch kranke Menschen.

Bei ihnen sind die Medikamente hoch effektiv. Molnupiravir zeigte eine 30-prozentige Reduktion der Häufigkeit von Spitalsaufnahmen und Todesfällen bei Covid-19-Patienten mit anfänglich mildem bis moderatem Krankheitsverlauf und zumindest einem Risikofaktor. Nirmatrelvir/Ritonavir hat nach bisher vorliegenden Daten die Potenz zu einer gar 89-prozentigen Risikoreduktion. Xevudy (Sotrovimab) von Glaxo Smith Kline ist die erste Behandlungsoption, die als Prophylaxe eingesetzt wird. "Es ist eine passive Impfung. Einmal injiziert schützt sie für eine gewisse Zeit lang", so Wenisch. Das von AstraZeneca anvisierte Präparat Envusheld könnte möglicherweise sogar bis zu zwölf Monate vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützen, betont der Mediziner.

Molnupiravir wiederum hat bedeutenden Einfluss auf das Infektionsgeschehen nach erfolgter Ansteckung. "Wir wissen von einer Phase-II-Studie, dass Patienten am Tag drei nach der Gabe nur noch fünf Prozent Viren ausscheiden, die auch infizieren können. Am Tag fünf sind es null Prozent", betonte der Infektiologe Florian Thalhammer. Neue Publikationen aus Japan würden auch zeigen, dass alle verfügbaren Virustatika gegen alle derzeit bekannten Mutationen hochwirksam seien, so der Mediziner. Im Vergleich zu monoklonalen Antikörpern wäre das ein großer Vorteil.

Nicht fürs Nachtkastl

Ein System zur optimalen Versorgung muss in Österreich allerdings erst geschaffen werden. "Entscheidend ist die Möglichkeit, nach einem positiven Test jene Patienten zu identifizieren, die ein Risiko haben", erklärte Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. Deshalb müsse es möglich werden, dass Hausärzte von einem positiven Sars-CoV-2-Test informiert würden. Das ist derzeit noch nicht der Fall. "Das hat aus datenschutzrechtlichen Gründen bisher nicht geklappt. Das Testergebnis bekommen die Gesundheitsbehörden bis zum Bürgermeister, nicht der behandelnde Arzt. Die Hausärztinnen und Hausärzte sollten aber möglichst eingebunden werden."

Bisher gibt es die Medikamente vor allem über Spitalsambulanzen, sagte Gunda Gittler, Leiterin der Anstaltsapotheke der Barmherzigen Brüder in Linz. Der Bedarf könnte auf jeden Fall gedeckt werden, versicherte sie.

Die Impfung könne durch die neuen Medikamente nicht ersetzt werden, betonte "Am Plus"-Präsident Erwin Rebhandl. Und für Thalhammer ist klar, dass sie sich auch nicht als Vorrat im Nachtkastl eignen würden. Zu groß sei die Gefahr für Wechselwirkungen mit anderen Arzneien.