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Die Haut vergisst nicht

Von Alexandra Grass

Wissen

Die Sonnenstrahlen gehen unter die Haut. Sichtbare Schäden wie Hautkrebs treten meistens erst im Alter auf.


Kaum gewinnt die Sonne an Kraft, werden wir kleidungstechnisch wieder freizügiger. Das Straßenbild zeigt es bereits deutlich. Ob schulterfrei, bauchfrei oder in kurzen Hosen - die von der Sonne ausgesendeten UV-A- und UV-B-Strahlen gelangen also wieder direkt auf unsere Haut, die aufgrund der Winterruhe unter dicken Jacken und Pullis um die vorherrschende Jahreszeit noch besonders empfindlich gegenüber dieser Strahlung ist. Der Schutz der Haut gewinnt damit wieder an Priorität, um Schäden von ihr fernzuhalten. Immerhin entwickelt einer von fünf hellhäutigen Menschen im Laufe des Lebens Hautkrebs. Dermatologen pochen auf Vorsorge und Früherkennungsmaßnahmen, um das Risiko, an schwarzem oder weißem Hautkrebs zu erkranken, zu reduzieren.

Es sind die UV-A-Strahlen, die unserer Haut Jahr für Jahr besonders zu schaffen machen. Während die UV-B-Strahlen lediglich die obere Schicht, die Epidermis, treffen, dringen die gefährlichen UV-A-Strahlen bis in die Dermis, die Lederhaut, durch.

Auf unserer äußersten Hülle sitzen bestimmte Zellen, die Keratinozyten. Sie sind mit einem Anteil von mehr als 90 Prozent der häufigste Zelltyp der menschlichen Epidermis. Sie schützen die Haut vor Austrocknung und halten Keime fern. Sie tragen aber auch zum UV-Schutz bei.

Die Sonneneinstrahlung aktiviert die darunterliegenden Melanozyten, die Melanosomen enthalten. Diese produzieren das Pigment Melanin, das an die Keratinozyten abgegeben wird und letztlich für die Bräunung der Haut verantwortlich ist. Melanin absorbiert die UV-Strahlung und schützt die Zellen wie ein Sonnenschirm, erklärt der Dermatologe Christian Posch, Abteilungsvorstand an den Kliniken Hietzing und Ottakring.

Rund 200 Varianten

Je mehr Melanin gebildet wird, umso dunkler wird die Haut. Jedoch: "Es gibt keine gesunde Bräune, weil die Bräunung de facto ein Versuch der Haut ist, sich vor den schädlichen Einflüssen der Strahlung zu schützen", so der Arzt. Diese Strahlen können akute Schäden verursachen - den Sonnenbrand. "Das, was Sie Ihrem Frühstückstoast nicht antun, tun Sie bitte Ihrer Haut auch nicht an", warnt Posch. Denn unsere äußere Hülle vergisst diese Schäden nicht.

Das Auftreten von Hautkrebs hat in den letzten Jahrzehnten weltweit stetig zugenommen. Wahrscheinlich gibt es an die 200 Varianten. Grob unterschieden wird dabei zwischen schwarzem Hautkrebs - das Melanom - und weißem Hautkrebs wie Basaliom, aktinische Keratose oder Plattenepithelkarzinom. Das Melanom zählt zu den tödlichsten Formen, der weiße Hautkrebs zu den häufigsten bösartigen Krebserkrankungen. Letzterer entsteht meistens an Körperregionen, die verstärkt der intensiven Bestrahlung durch die Sonne ausgesetzt sind. "Achtet man nicht bereits in jungen Jahren auf ausreichend Haut- und Sonnenschutz, bekommt man spätestens mit 50 plus die Rechnung präsentiert", warnt Posch.

Und tatsächlich ist der Hautkrebs eine klassische Erkrankung der zweiten Lebenshälfte, denn die Haut vergisst nicht. "Bei jungen Erwachsenen ist er eher die Seltenheit, hingegen sehen wir ihn mit einer wesentlichen Steigerungsrate mit zunehmendem Alter", betont der Mediziner.

Die Vorsorge habe in jedem Lebenabschnitt eine wesentliche Rolle. Schon in der frühen Jugend lege man den Grundstein dafür, was wir dann später auf der Haut zu erwarten haben. Vorsorge sei auch dann wichtig, wenn schon eine gewisse Vorschädigung besteht, so der Experte.

Auch gewisse biologische Prozesse in den Zellen, die über die Jahre hinweg stattfinden, können zu Schäden in den Hautzellen führen. Das lässt sich nur schwer beeinflussen. Deswegen sollte man auch das "maximale Potenzial der Vorsorge und des Schutzes nützen". So etwa mit protektiver Kleidung, die UV-Strahlen abblockt, Sonnenschutzcremen oder die Mittagssonne zu meiden.

Neue Reparaturextrakte

Mittlerweile gibt es schon Sonnenschutzprodukte mit Antioxidantien sowie DNA-Schutz und Reparatur-Molekülen. "Diese weisen einen großen Vorteil gegenüber normalen Produkten auf", betont Werner N. Peljak, vom österreichischen Pharmaunternehmen Pelpharma. Auf dem Markt gibt es bereits Cremen mit schützenden Pflanzenextrakten wie dem südamerikanischen Farn Polypodium Leucotomos oder dem Nopal Kaktus.

Um das Krebsrisiko zu reduzieren, rät Posch aber auch, die Haut auf Veränderungen zu beobachten. Unterstützung bietet dabei das Grazer Start-up medaia mit seiner App SkinScreener. Sie erkennt und bewertet in Echtzeit alle medizinisch relevanten Hauttumore. Die auf Künstliche Intelligenz basierende Technik wurde vom Dermatologen Michael Tripolt von der Uniklinik Graz entwickelt. Ersatz für den Besuch beim Hausarzt soll sie allerdings keiner sein.