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Ohne Rauch bessere Heilung

Von Alexandra Grass

Wissen
Schon ein vorübergehender Verzicht auf die Zigarette hat eine große Wirkung.
© getty images / Peter Dazeley

Zwölf Wochen Abstinenz rund um Operationen bedeuten 50 Prozent weniger Komplikationen.


Ein Rauchstopp rund um orthopädische Operationen senkt die Komplikationsrate um bis zu 50 Prozent. Mit dieser beeindruckenden Zahl wartete der Traumatologe Nikolaus Böhler, emeritierter Klinikchef am Kepler-Universitätsklinikum Linz, im Rahmen eines Vortrags bei den 7. Praevenire Gesundheitstagen im Stift Seitenstetten auf. "Schon ein kurzer Rauchverzicht bringt bessere Ergebnisse", betonte der Mediziner. Zudem habe eine Studie aus den USA gezeigt, dass 45 Prozent der Patienten, die es geschafft haben, rund um eine Operation zwölf Wochen lang nicht zu rauchen, auch gar nicht mehr begonnen haben. Es kommt damit also nicht nur zu kurzfristigen, sondern auch zu langfristigen Effekten.

Seit Jahrzehnten arbeiten Forscher und Mediziner daran, Wege zu finden, um das Ergebnis von Operationen zu verbessern. So kam es in den letzten Jahrzehnten zu einer maßgeblichen Veränderung der Technologien bis hin zu minimalinvasiven Möglichkeiten rund um medizinische Eingriffe. Auch der Einsatz von Robotern kam nach und nach ins Laufen. Mit der Jahrtausendwende wurde die Systemverbesserung mit Einfluss auf den Operateur ein Thema. Es kam unter anderem zu Zertifizierungen, standardisierten Abläufen und regelmäßigen Schulungen.

Schon ein kurzer Stopp wirkt

In den vergangenen Jahren habe man darauf Augenmerk gelegt, wie die Patienten selbst das Operationsergebnis beeinflussen können. Alter und Geschlecht spielen eine wichtige Rolle, daran lässt sich naturgemäß allerdings nichts ändern. Begleiterkrankungen lassen sich zwar beeinflussen, allerdings ist der Effekt nur mittelfristig. Einen besonders großen Stellenwert nimmt das Rauchen ein, wie internationale Studien in den vergangenen Jahren gezeigt haben.

Demnach haben Raucher ein 2,3-fach erhöhtes Infektionsrisiko nach Hüft- und Knie-Endoprothesen. Eine Knochenheilung nach Brüchen dauert 27 Tage länger als bei Nichtrauchern. Bei Schulteroperationen kommt es für gewöhnlich bei etwa sechs Prozent der Patienten zu einem Versagen der Sehnennähte. Das steigt bei Rauchern auf fast 30 Prozent. Bei der Halluxoperationen steigt die Infektionsrate von 8,5 auf 36,4 Prozent. Mit Daten der AUVA aus dem Jahr 2017 konnte ein Überblick für Österreich geschaffen werden. Demnach kommt es zu 30 Prozent mehr Komplikationen wie Infektionen und Knochenheilungsstörungen bei Rauchern, berichtete Böhler.

Schon ein kurzer Rauchverzicht bringe eine Reduktion von postoperativen Komplikationen um mehr als 50 Prozent. Nämlich dann, wenn man sechs Wochen vor und sechs Wochen nach einer Operation die Finger vom Glimmstängel lässt. Verzichtet ein Patient nach einem Unfall sechs Wochen lang auf die Zigarette, sind es 40 Prozent weniger Komplikationen. "Das zeigt, dass es nicht nur der Patient selbst ist, der eine Rolle spielt, sondern es sind auch die Bestandteile der Zigarette", betonte der Experte.

Infogespräch durch den Arzt

Raucher inhalieren Kohlenmonoxid, das den Sauerstofftransport der roten Blutkörperchen - der Erythrocyten - und die Mikrozirkulation in den Endgefäßen stört. Zudem beeinträchtigen Cyanwasserstoffe den zellulären Oxidationsprozess. "Beide Effekte sind rasch reversibel und können innerhalb weniger Tage zu der Verbesserung führen."

In Linz wurde ein Programm entwickelt, bei dem Patienten in einem persönlichen Gespräch mit dem Chirurgen zum Nichtrauchen motiviert werden. Als Unterstützung wird auch zu Nikotinersatzprodukten gegriffen. Ein lediglich dreiminütiges Gespräch zeige laut Böhler schon große Wirkung. Immerhin seien 18 Prozent der Patienten in Linz Raucher. Daran sei zu sehen, dass "es nicht immer nur der böse Spitalskeim ist, der zu Komplikationen führt. Als Patienten kann man auch einiges selbst dazu beitragen."

Der Mediziner fordert von der Politik daher Informationskampagnen für die Patienten. Zudem sollte es eine verpflichtende Information über die Chancen eines Rauchverzichts durch einen Arzt geben. In Krankenhäuser wäre es von Bedeutung, den Rauchstatus der Patienten besser zu erfassen. Nicht zuletzt könnte sich Böhler auch ein Bonus-Malus-System für einen Rauchverzicht bei Versicherungen vorstellen - "allerdings keine Rauchstoppverpflichtung wie es teilweise in Skandinavien der Fall ist", so der Experte abschließend.