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Günstige Covid-Impfung rückt näher

Wissen

Ein federführend von österreichischen Forschern in New York entwickeltes Vakzin erweist sich als vielversprechend.


Ein günstiger Impfstoff gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 ist ähnlich vielversprechend wie gängige, jedoch kostspieligere mRNA-Vakzine gegen den Erreger. Das berichtet ein Team um die österreichischen Virologen Florian Krammer und Pater Palese von der Icahn School of Medicine im Mount Sinai Krankenhaus in New York im Fachmagazin "Science Translational Medicine". Im Rahmen einer in Thailand durchgeführten klinischen Studie der Phase I bauten die Versuchspersonen nach der Gabe des neuen Vektor-Impfstoffs "NDV-HXP-S" einen vergleichbar hohen Antikörperspiegel auf wie Personen, die das Biontech-Pfizer-Vakzin erhalten hatten.

Zum Hintergrund: Seit Beginn der Pandemie wurde eine Reihe von Impfstoffen entwickelt. In westlichen Ländern ist jener von Pfizer/Biontech gängig. Die US-Regierung zahlt derzeit etwa 30 Dollar pro Dosis an den US-Pharmakonzern und seinen deutschen Partner Biontech. Pfizer erwägt, den Preis künftig auf 110 bis 130 Dollar (132,95 Euro) pro Dosis anzuheben, da der aktuelle Kaufvertrag mit der US-Regierung demnächst auslaufe, hatte Geschäftsführerin Angela Lukin kürzlich bekannt gegeben. "Reiche Länder können sich das leisten und die technischen Voraussetzungen bereitstellen, Niedriglohnländer nicht", kommentierte Peter Palese die Entwicklungen in einem Interview mit der "Wiener Zeitung".

Das New Yorker Team um Palese, Krammer und der Arbeitsgruppe von Adolfo Garcia-Sastre machte sich bereits früh im Verlauf der Covid-19-Pandemie daran, eine Impfung zu entwickeln, die weniger als einen Dollar pro Dosis kosten sollte. Die Forschenden wählten dazu einen klassischen Weg in der Vakzin-Entwicklung und -Herstellung. "NDV-HXP-S" ist ein Impfstoff, bei dem eine Version des Spike-Proteins von Sars-CoV-2 über ein anderes Virus (Vektor genannt) in den Körper gebracht wird. Zumeist werden diese DNA-Stücke in veränderte Adenoviren, die für Menschen harmlos sind, eingepackt, damit der Bauplan in die Körperzellen gelangt und diese die Infektion bekämpfen. Allerdings müssten Adenoviren "in menschlichen Zellen heranwachsen, was die Dinge verkompliziert, und manche Menschen sind gegen sie immun", erklärt Palese.

Herstellung in Hühnereiern

Das Forschungsteam verwendet den Erreger der Newcastle-Krankheit (NDV) bei Hühnern, der eine Form der Geflügelpest auslöst, jedoch für Menschen ungefährlich ist. Der Newcastle-Erreger schleust das Gen des Oberflächenproteins von Sars-CoV-2 in den Körper ein.

Der Impfstoff, der auch nasal verabreicht werden kann, wird laut den Forschern seit einiger Zeit in den USA, Mexiko, Vietnam, Thailand und Brasilien erprobt. Tests laufen mit zwei Varianten: einem Lebendimpfstoff und einem mit inaktivierten, veränderten NDV-Viren. Bei der in der Studie genannten Phase-I-Studie in Thailand erhielten 210 freiwillige Teilnehmer entweder das inaktivierte Vakzin oder ein Placebo. Die Wissenschafter analysierten die Antikörperspiegel im Blut der Teilnehmenden und verglichen diese unter anderem mit jenen von Personen, die in New York mit dem Biontech-Pfizer-Impfstoff immunisiert worden waren.

Die Zahl der Antikörper und die Sars-CoV-2-neutralisierende Aktivität im Blut der mit "NDV-HXP-S" geimpften Personen war laut der weiterführenden Analyse zur klinischen Studie "vergleichbar" mit jener von Personen, die den Biontech-Pfizer-mRNA-Impfstoff erhalten hatten, berichtet das Team um Erstautor Juan Manuel Carreño.

Die durch den neuen Impfstoff aufgebauten Antikörper stürzten sich größtenteils auf jene Region am Spike-Protein, mit der das Virus an menschliche Zellen andockt (Rezeptor-Bindedomäne). Das Vakzin bringe also im Gegensatz zu der mit mRNA-Impfungen aufgebauten Immunreaktion, bei der Antikörper an mehreren Spike-Protein-Regionen andocken, eine "sehr fokussierte Immunantwort".

Der Vorteil des Impfstoffes liege darin, dass er wie die meisten Influenza-Vakzine in Hühnereiern hergestellt werden kann. Da diese Art der Produktion im Gegensatz zur Herstellung von mRNA-Impfungen weniger aufwendig ist, könne das "NDV-HXP-S"-Vakzin leichter in weniger entwickelten Ländern produziert werden. Die geringeren Kosten würden den Impfstoff für Staaten mit niedrigerem Einkommen attraktiv machen, so Palese und Krammer. Gerade dort sei es um die Verfügbarkeit von leistbaren Corona-Impfstoffen schlecht bestellt. (est)

Ein-Dollar-Impfung scheint immer realistischer: Ein federführend von österreichischen Forschern in New York entwickeltes Covid-19-Vakzin erweist sich in einer Studie als vielversprechend.