Alte DNA aus dem frühgeschichtlichen Kambodscha zeigt den frühen Einfluss Indiens auf Südostasien. Demnach haben sich Südasiaten bereits im 1. bis 3. Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung (n.u.Z.) und damit rund ein Jahrtausend früher als bisher angenommen mit der lokalen Bevölkerung Südostasiens vermischt, berichtet ein Team mit österreichischer Beteiligung im Fachjournal "Nature". Das könnte "die frühe Staatenbildung in der Region gefördert haben".
Das internationale Forscherteam, dem David Reich von der Universität Harvard in Cambridge, Massachusetts, USA, und Ron Pinhasi vom Department für Evolutionäre Anthropologie der Universität Wien angehörten, hat in der Studie alte DNA von einem Buben analysiert, der vermutlich zwischen 78 und 234 n.u.Z. gelebt hat. Der Knabe wurde in einer frühen Begräbnisstätte der Stadt Angkor Borei am westlichen Rand des Mekong-Deltas in Kambodscha bestattet.
Die ummauerte und von Wassergräben umgebene Stadt wurde erstmals Mitte des ersten Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung besiedelt und ist eine der frühesten städtischen Siedlungen im Mekong-Delta. Angkor Borei war die Hauptstadt des Königreichs Funan, einem der ersten Staaten am südostasiatischen Festland (Indochina).
Genetische Abstammung
Verschiedene heutige Populationen Indochinas, insbesondere jene, die stark von der indischen Kultur beeinflusst sind, würden ein geringes Maß an südasiatischer Beimischung zeigen, etwa Bamar, Cham, Khmer, Malaien, Mon und Thai, schreiben die Forscher in ihrer Arbeit. Diese genetische Beimischung wurde auf etwa das 14. Jahrhundert datiert.
Frühere Studien an alter DNA hätten keine südasiatische Abstammung bei frühzeitlichen Individuen vom südostasiatischen Festland gezeigt, Ihre Aussagekraft sei allerdings aufgrund des schlechten Erhaltungszustands der Erbsubstanz im tropischen Klima nur begrenzt.
Einwanderung vom Festland
Die Wissenschafter untersuchten nun die genetische Abstammung des Knaben und anderer Individuen dieser Zeit aus Indochina, für die genetische Daten von akzeptabler Qualität verfügbar waren. Während sich bei den anderen Individuen kein klares Signal einer südasiatischen Abstammung zeigte, fand sich bei dem Buben "ein beträchtliches Maß" davon. Er wies "einen etwa dreimal höheren Anteil an südasiatischer Abstammung auf als die heutigen Kambodschaner".
Da es sich nur um ein einzelnes Individuum handle, sei es schwierig, die Intensität des Genflusses abzuschätzen. Die Ergebnisse der Untersuchung würden aber "darauf hindeuten, dass einige Südasiaten in das südostasiatische Festland eingewandert sind und sich vor oder in der frühen Phase der Staatsbildung mit der einheimischen Bevölkerung vermischt haben. Sie könnten die Ausbreitung der indischen Kultur und die Gründung von Staaten nach indischem Vorbild beeinflusst haben", so die Wissenschafter. (apa)