Dem Phänomen der künstlichen Intelligenz (KI) widmet sich das Symposion Dürnstein unter dem Generalthema "Das Gehirn und seine Gesellschaft". Zur Eröffnung am Donnerstagabend wurden im örtlichen Stift die Chancen und Möglichkeiten der KI hinterfragt und vorwiegend skeptisch beleuchtet.
"Viagra für die Intelligenz" sei die KI, eine "körperlose, asoziale Größe" ohne emotionale Intelligenz, meinte Ursula Baatz, Kuratorin des Symposiums, in ihrer Einleitung. Insbesondere die ChatGTP-Software transportiere auch Vorurteile und sei letztlich eine Art "statistischer Papagei".
Durchwegs kritisch äußerten sich auch die Mitwirkenden einer Podiumsdiskussion. KI sei weder künstlich noch intelligent, sondern von Menschen erzeugt und programmiert, erklärte Giovanni Rubeis, Professor für Biomedizinische Ethik an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften. Allerdings bestehe auch großes Potenzial zur Entlastung administrativer und repetitiver Tätigkeiten, wodurch das Personal speziell im medizinischen Bereich mehr Zeit finden könnte, sich den Patienten zuzuwenden, räumte Rubeis ein.
Sinnvolle Rahmenbedingungen nötig
KI sei einerseits ein "ermächtigendes Tool", wecke andererseits die Angst vor Ersetzbarkeit, erläuterte Sabine T. Köszegi, Professorin für Arbeitswissenschaft und Organisation an der TU Wien, und warnte: "Auch die Social Media haben uns total überrollt."
Sinnvolle Rahmenbedingungen zu schaffen, rote Linien zu ziehen und für Transparenz zu sorgen hält Michael Mayrhofer, Professor für öffentliches Recht an der Johannes Kepler Universität Linz, für notwendig. Die Automatisierung von Entscheidungsprozessen sieht er durch die Digitalisierung schon längst in Gang gekommen.
KI macht Leben anstrengend
"Sich beizeiten auf die Socken machen, ein Regelwerk zu entwerfen", um Bedrohungen, zum Beispiel manipulierter Meinungsbildung, zu entgegnen, forderte Adelheid Kastner, Primarärztin für forensische Psychiatrie am Kepler Universitätsklinikum Linz. KI mache das Leben noch anstrengender, als es ohnehin schon sei, so Kastner, denn "unser Gehirn hat sich nicht im selben Tempo entwickelt wie die Technologie." Die Tendenz zum "Immer-Schneller" überfordere immer mehr Menschen, die sich dann gesellschaftlich ausklinken.
Einen ironischen Kommentar zum Symposion liefert die Künstlerin Evi Leuchtgelb, die - präsentiert vom Kunstverein Salon Dürnstein - auf launige Weise ein "modernes und hochdotiertes Forschungslabor" im "Trutzkammerl" installiert, in dem sie als "Neurowünschenschaftlerin und Fürwahrnehmungsforschwindlerin" unter anderem die Entdeckung der "Gerüchtsdrüse" thematisiert.
Das nächstjährige Symposion Dürnstein wird sich von 14. bis 16. März 2024 mit Dimensionen der Ernährungssicherheit beschäftigen. Als Veranstalterin fungiert die Gesellschaft für Forschungsförderung NÖ, deren Geschäftsführerin Barbara Schwarz sich in den Ruhestand begibt. Wie es danach mit dem Symposion weitergeht, ist derzeit noch unklar. (apa)