Geber sehen nur die Bäume, Begünstigte nur den Wald


Der Beschenkte sieht die Welt ganz anders. "Er betrachtet das Geschenk als Ganzes und weniger für seine Details. Immerhin ist auch sein Informationsstand zur Genese der Gabe weniger detailliert ist als jener des Schenkers", sagt Florack. Wer sein Geschenk auspackt, verhalte sich wie ein Museumsbesucher, der den Gesamteindruck eines Bildes aus ein paar Metern Entfernung gewinnt. "Man könnte sagen: Der Schenker sieht nur die Bäume, der Beschenkte nur den Wald." Bekommt jemand ein Top-Geschenk plus eines, das nicht ganz so großartig ist, schafft er "aus dem Bauch" heraus einen Mittelwert. Sein Eindruck vom Top-Geschenk wird abgeschwächt. Außer dem Geber gelingt es, die Perspektive des Begünstigten zu verändern, indem er ihn dazu bringt, auf die Details zu achten und die gute Absicht hinter dem Präsent zu erkennen. Er könnte etwa erklären, warum und wie er genau diese Gaben ausgewählt hat.

Florack begründet den holistischen Blick des Beschenkten mit seiner positiven Erwartungshaltung. Nicht die Vorfreude auf das Positive, sondern die Angst vor dem Negativen schärfe nämlich unseren Blick für Detail. Ähnlich wie manche Verkäufer ihren Kunden praktisch jeden Wunsch von den Lippen abzulesen versuchen, wollen auch die Schenker letztlich keine Fehler machen: "Wenn Testpersonen auf eine Belohnung hinarbeiten, agieren sie aus dem Bauch heraus mit einem Blick auf das Ganze. Müssen sie hingegen vermeiden, zu verlieren, was sie bereits haben, werden sie langsamer und genauer."

Laut Weaver sind die Umstände die gleichen in Vorträgen oder Plädoyers vor Gericht. Wenn Referenten oder Anwälte wichtige und sehr gute Argumente mit weniger wichtigen und schwächeren Anmerkungen mischen, würde ihr Vortrag als weniger überzeugend gewertet. Zu viele Informationen verderben den Auftritt.

Nun könnte man annehmen, dass ein blumig formulierender Referent sich nur in die Lage seiner Zuhörer versetzen müsste, um zu wissen: Klare Worte transportieren die Botschaft besser. Gleichermaßen müssten Schenker, die ihre Liebsten mit zu viel vom Falschen überschütten, weniger aus ihrer eigenen Perspektive zu denken lernen. Doch so leicht ist das nicht. "Bis zu einem gewissen Grad ist es normal, zu schenken, was man selbst gerne hätte. Denn es ist schwer, sich in andere hineinzuversetzen. Wenn es einem sogar wehtut, etwas herzugeben, dann sind sowohl das Geschenk als auch die Person, die es erhält, enorm aufgewertet", sagt Florack. Das richtige Geschenk ist stets eine Gratwanderung. Gutes Gelingen an diesem Einkaufssamstag.