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Ewige Jugend rückt näher

Von Alexandra Grass

Wissen
Auf den lang ersehnten Jungbrunnen wird man wohl noch warten müssen.
© © Kalle Kolodziej - Fotolia

Forscher arbeiten daran, die Nebenwirkungen zu eliminieren.


Wien. Ob verrückte Diäten oder spezielle Nahrungsergänzungen - der Mensch ist seit jeher auf der Suche nach einem Alleskönner, der den Alterungsprozess zumindest verlangsamen kann. Unter dem Schlagwort Anti-Aging existiert ein breites Spektrum an Mittelchen, die als Weg zur ewigen Jugend angepriesen werden. Begibt man sich im Internet auf die Suche, kann man sich immerhin auf einen Klick mit 104 Millionen Ergebnissen auseinandersetzen.

Einigermaßen erwiesen ist, dass eine strikte Kalorienreduktion als Methode zur Lebensverlängerung durchaus ihre Berechtigung hat. Doch Fast Food, so mancher Griff ins Süßigkeitenregal oder das Eisstanitzel, wenn die Tage wieder wärmer werden, tun ihr Übriges, um den Traum vom längeren Leben konsequent zunichte zu machen.

Forscher versuchen daher schon seit vielen Jahren, Medikamente zu finden, die uns ohne quälende Diät zu längerer Jugend verhelfen. Rapamycin (auch Sirolimus genannt) heißt jener Stoff, der jetzt Hoffnungen neu aufblühen lässt.

Schon vor drei Jahren wurde in einer aufsehenerregenden Studie festgestellt, dass Rapamycin das Leben von Mäusen um etwa zehn Prozent verlängern kann. Das sogenannte "Wundermittel von der Osterinsel" - der erste bekannte Stoff, der auch Säugetiere länger leben lässt - schaffte es 2009 sogar in die Top Ten der wissenschaftlichen Durchbrüche des Jahres. Bis dahin waren ähnliche Effekte nur bei Hefen und Fadenwürmern festgestellt worden.

Der Wirkstoff hatte das Leben von Labormäusen um neun Prozent bei Männchen beziehungsweise 14 Prozent bei Weibchen verlängert. Und das, obwohl die behandelten Mäuse aufgrund von Verzögerungen bei den Versuchen bereits 20 Monate alt waren, was einem menschlichen Alter von etwa 60 Jahren entspricht.

Rapamycin ist ein Stoffwechselprodukt des Bodenbakteriums Streptomyces hygroscopicus und wurde bereits vor einigen Jahrzehnten in einer Bodenprobe von der Osterinsel (auf polynesisch Rapa Nui) entdeckt. Verwendet wurde es bis damals vor allem als Immunsuppressivum, etwa bei Transplantationen, um die Abstoßung fremder Organe zu verhindern.

Pille mit Schattenseite

Der Wirkstoff hat allerdings seine Schattenseite: Er steigert das Risiko, an Diabetes zu erkranken, indem es den Zuckerstoffwechsel beeinträchtigt und die Insulinresistenz erhöht. "Nimmt man ein Anti-Aging-Präparat als präventive Maßnahme, will man nicht Diabetes als Preis dafür bezahlen", erklärt Joseph Baur, von der University of Pennsylvania’s Perelman School of Medicine.

Die Forscher versuchen daher in ihrer aktuellen Arbeit, die positiven von den negativen Wirkungen zu trennen.

Mögliche Erklärung

Dudley W. Lamming vom Whitehead Institute for Biomedical Research hat nun eine mögliche Erklärung dafür gefunden, wie es zu den Nebenwirkungen kommt. Der Wirkstoff hemmt nämlich das in allen Säugetieren vorkommende Protein mTOR, an welches das Immunsuppressivum Rapamycin bindet. Dabei handelt es sich um ein für das Überleben, Wachstum, die Vermehrung und Beweglichkeit von Zellen wichtiges Enzym. Darauf basiert auch die immunschwächende Wirkung.

mTOR spielt in zwei Proteinkomplexen eine wesentliche Rolle: mTORC1, der für verschiedene zelluläre Prozesse wichtig ist, und mTORC2, der unter anderem am Insulinsignalweg beteiligt ist. Zu Beginn der Studien war man der Meinung, nur der erste Proteinkomplex reagiere auf das Mittel Rapamycin. In vitro - also außerhalb des Organismus - und an Mäusen zeigte sich laut den Forschern aber langfristig, dass auch der zweite darauf anspricht. Vermutlich wird darüber auch die unerwünschte Insulinresistenz angestoßen.

Wirkmechanismen getrennt

Im Rahmen von Versuchen an gentechnisch modifizierten Mäusen versuchte das Wissenschafterteam nun, die beiden Wirkmechanismen voneinander zu trennen. Die Mäuse wurden so verändert, dass mTORC2 weitgehend aktiv blieb, während mTORC1 teilweise gehemmt wurde. Tatsächlich lebten zumindest die Weibchen länger als die Kontrolltiere, gleichzeitig blieb ihre Insulinsensitivität erhalten. Fänden die Forscher nun einen Wirkstoff, der nur mTORC1 hemmt, ohne in andere Regelkreise einzugreifen, wäre man einer lebensverlängernden Pille zumindest einen weiteren Schritt näher.