Die "Soldaten" sind selbst noch Kinder, aber sie quälen und töten andere Kinder, Frauen und Männer auf grausame Weise. Manche sagen, dass das Töten für sie eine Sucht ist und dass sie Spaß daran haben. Die Kindersoldaten, die im Rebellenkrieg im östlichen Teil der Demokratischen Republik Kongo kämpfen, sind meist selbst Opfer von grausamer Gewalt, oft wurden sie verschleppt. In den Provinzen des Kongo und anderen von Rebellenkriegen betroffenen Regionen Afrikas nennt man die schlimmsten Kämpfer "grausame Menschen", denn sie kennen kein Mitleid. Abends erzählen sie einander von Vergewaltigung, Folter und Mord, als handle es sich um Abenteuer.

Woher kommt diese für Menschen aus politisch stabilen Ländern kaum vorstellbare Lust an der Gewalt? Die Psychologen Thomas Elbert und Maggie Schauer, die sich mit dieser Frage beschäftigen, mussten ihr Weltbild auf den Kopf stellen, um zu verstehen, was die ehemaligen Kämpfer, oft Kindersoldaten, ihnen in den Demobilisierungscamps der Vereinten Nationen und den Resozialisierungszentren von Nichtregierungsorganisationen erzählten: Es kann Menschen Spaß machen, zu töten.

Lust am Töten, ohne psychisch krank zu sein

Die beiden Forscher kommen in ihren Arbeiten zur Neuropsychologie dieser Täter zu dem Schluss, dass es eine nichtkrankhafte Lust zu töten gibt, die beim Menschen "natürlich" ist. Diese Lust, so argumentieren sie, entstamme evolutionsgeschichtlich dem Jagdverhalten steinzeitlicher Jäger. "Bei Männern weckt die Jagd als solche Lust", sagt Elbert im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Neuropsychologisch betrachtet belohnten sich Jagd und Mord durch die Ausschüttung von Botenstoffen wie Testosteron, Serotonin und Endorphinen während des Jagens und Tötens. Die Lust zu töten sei demnach - vor allem für Männer - etwas "Natürliches": "Die Bereitschaft zu lustvoller, brutaler Konfrontation ist Teil der männlichen Natur", so Maggie Schauer: "Gesellschaften, die Gewalt ermöglichen, müssen damit rechnen, dass ein bestimmter Prozentsatz der männlichen Bevölkerung diese Natur ausleben wird."

Das Bild vom Menschen als Jäger entstammt der Anthropologie. Man nahm an, dass ein Vorfahre des Homo sapiens, der Australopithecus, ein Jäger gewesen sei, der auch seine Mitmenschen tötete. Der "jagende Mensch" sollte auch die Entstehung von Aggression erklären. Neuere anthropologische Studien problematisieren allerdings diese Erklärung inzwischen. Neurologen wie Joachim Bauer argumentieren im Gegensatz dazu, dass unsere Neuropsychologie auf Kooperation ausgerichtet sei.

Schauer und Elbert beschäftigen sich seit mehr als 15 Jahren mit den Folgen von Traumata, Gewalt und Gewaltprävention. Sie haben mit Söldnern in Ruanda gesprochen, Soldaten in Afghanistan, Rebellen und Kindersoldaten in Uganda und in der Demokratischen Republik Kongo. Für die Opfer und Täter organisierter Gewalt haben sie eine Hilfsorganisation gegründet und Therapiemethoden entwickelt. An ihrem Kompetenzzentrum für Psychotraumatologie der Universität Konstanz werden traumatisierte Flüchtlinge behandelt. Die Erfahrungen im Jahr 2009 im Kongo waren für die beiden Forscher ein Schock: "Diese brutale Gewalt haben wir nicht verstanden. Wir dachten zuerst, es seien Drogen im Spiel", sagt Maggie Schauer.

Doch nicht nur die lustvolle Schilderung der Gräueltaten schockierte die Forscher, sondern auch das offensichtliche Fehlen von posttraumatischen Stress-Symptomen oder psychischen Erkrankungen bei den Kämpfern. In der Analyse von Gesprächen mit über 200 ehemaligen Kämpfern im Kongo stellten Elbert und Schauer fest: Diejenigen, die besonders gerne getötet hatten, waren trotz schrecklicher Erlebnisse weder traumatisiert noch psychisch krank.

Sie schließen sich Mördern an und werden zu Mördern

In der neuropsychologischen Forschung wird in der Regel zwischen reaktiver und instrumenteller Aggression unterschieden: Erstere reagiert auf äußerliche Bedrohungen, während die instrumentelle Aggression aktiv auf Ziele ausgerichtet ist. Der Neurologe und Psychiater Joachim Bauer geht davon aus, dass sie bei Menschen selten vorkommt: "Es handelt sich bei der Aggression um ein reaktives Verhaltensprogramm, dessen biologische Funktion darin besteht, die äußeren Umstände zu bewältigen, die dieses Programm abgerufen haben. Ausnahmen hiervon finden sich nur bei psychisch Kranken und bei Psychopathen."

Es sei "einseitig", nur die reaktive Seite der Aggression zu betrachten, sagen Elbert und Schauer. Die Lust an der Gewalt sei gerade nicht eine pathologische Folge erlebter Traumata, sondern scheine sogar vor psychischer Erkrankung zu schützen: "Die Rate der post-traumatischen Belastungsstörungen unter den ehemaligen Kindersoldaten im Ost-Kongo ist niedriger als unter den US-amerikanischen Kriegsveteranen", sagt Elbert.

Für psychische Erkrankungen, die durch Traumata ausgelöst wurden, sind Gefühle der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins konstitutiv. Aus diesen Gefühlen entsteht Angst. Sie wird mit einer Vielzahl sensorischer und kognitiver Erinnerungen verbunden und bildet ein unbewusstes "Netzwerk der Angst". Viele der Kindersoldaten wurden entführt, haben erlebt, wie ihre Familien ermordet wurden. Dennoch schließen sie sich den Mördern an und werden selbst zu Mördern.