Leipzig. (dpa/est) Der moderne Mensch hat dem Neandertaler in Sachen Handwerkskunst auf die Sprünge geholfen. Nach Meinung von Forschern unter der Leitung von Jean-Jaques Hublin vom Leipziger Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie standen Homo sapiens und Neandertaler vor 40.000 Jahren im kulturellen Austausch, bevor vor 50.000 bis 40.000 Jahren der moderne Mensch den Neandertaler verdrängte, berichten sie in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften.
Demnach haben die Neandertaler anspruchsvolle Werkzeuge und Körperschmuck aus der archäologischen Kultur des Chatelperronien (CP) gefertigt. Über die Frage, ob sie oder moderne Menschen die aus dieser Kulturstufe in Frankreich bei Chatelperron gefundenen Gegenstände erzeugt haben, streiten Experten. Das Chatelperronien lag am Übergang vom Mittel- zum Jungpaläolithikum. Die Vorgängerstufe, das Mousterien mit seinen Steinwerkzeugen, wird den Neandertalern zugeschrieben, die Folgestufe Aurignacien modernen Menschen. Die Schöpfer des Chatelperronien waren bislang aber nicht eindeutig identifiziert.
Neue Verhaltensweisen
Die Forscher untersuchten 40 gut erhaltene Knochenproben aus der französischen Grotte du Renne, wo CP-Materialien enthalten waren, und ein Neandertaler-Skelett. Sie extrahierten Kollagen aus den Knochenproben, dessen Alter sie mit Isotopenmessung bestimmten. Das Neandertaler-Skelett passt mit 41.500 Jahren in das Ende des Chatelperronien. Das Team sieht darin die Bestätigung, dass die Neandertaler die Gegenstände in der CP-Kultur geschaffen haben. "Wir gehen davon aber aus, dass Neandertaler komplexe Knochenwerkzeuge und Schmuck erst produzierten, nachdem moderne Menschen diese neuen Verhaltensweisen in Westeuropa eingeführt hatten", erklärt Hublin.