Eisenberg schließt daraus, dass es für Nomaden ausgesprochen nützlich sein kann, mit dem 7R-Allel ausgerüstet zu sein. "Es ist möglich", erklärt er, "dass ein Junge in einer nomadischen Umgebung dank dieses Allels besonders gut darin ist, das Vieh gegen Überfälle zu verteidigen oder Nahrung und Wasserquellen ausfindig zu machen. Dieselben Fähigkeiten dürften allerdings nicht zuträglich sein, wenn es um dauerhafte Beschäftigungen geht: sich in der Schule zu konzentrieren, Landwirtschaft zu treiben oder mit Gütern zu handeln."

Bisher weiß man noch relativ wenig darüber, wie es sich auf Erwachsene auswirkt, wenn sie in ihrer Kindheit ADHS-Patienten gewesen sind. Um der Sache auf den Grund zu kommen, haben der Mediziner William Barbaresi und seine Kollegen von der Harvard Medical School in Boston kürzlich eine aufwendige Langzeitstudie durchgeführt. Dabei konnten 232 frühere ADHS-Patienten als Erwachsene erneut medizinisch untersucht werden. Die Forscher berichteten darüber jüngst in der Fachzeitschrift "Pediatrics".

Chronisch wie Diabetes


Das bestürzende Resultat: Nur 37,5 Prozent der erneut Befragten waren frei von ADHS, bei 29 Prozent von ihnen wurde wieder ADHS festgestellt, und die meisten aus dieser Gruppe litten zudem an zumindest einer weiteren psychischen Störung. 57 Prozent der 232 früheren ADHS-Patienten wurden als Erwachsene von irrationalen Ängsten oder Depressionen gequält, litten an antisozialen Persönlichkeitsstörungen, durchlebten oft manische Phasen oder waren drogenabhängig, und zehn von ihnen saßen zum Zeitpunkt der Befragung hinter Gittern.

Für Barbaresi und seine Mitarbeiter sprechen diese Befunde dafür, dass ADHS unbedingt über die Pubertät hinaus behandelt gehört und die herkömmlichen Methoden gründlich zu überprüfen sind. "Wir müssen", sagt Barbaresi, "ADHS künftig als eine chronische Krankheit betrachten, ähnlich wie Diabetes."