Wien. Sauer macht nicht lustig. Fische werden jedenfalls in versauerten Ozeanen ängstlich, wie Forscher um Trevor Hamilton von der Universität Edmonton in Kanada in den "Proceedings of the Royal Society B" berichten. Die Wissenschafter haben Kalifornische Rotbarsche pH-Werten ausgesetzt, wie sie zum Ende dieses Jahrhunderts herrschen könnten. Wie sich zeigte, veränderte sich das Verhalten der Tiere.
Die Forscher setzten junge Kalifornische Rotbarsche in Becken mit hellen und dunklen Bereichen. Ein Teil der Becken war mit normalem Meerwasser mit einem pH-Wert von 8.1 gefüllt, der andere Teil mit CO2 angereichertem Wasser, das so sauer war, wie es für das Ende unseres Jahrhunderts vorhergesagt wird: pH 7.75.
Normalerweise enthält der Lebensraum der vor der kalifornischen Küste lebenden Fische einen Wechsel von Licht und Schatten. Die Kontrolltiere im normalen Meerwasser kümmerten sich daher nicht um die hellen und dunklen Bereiche im Wasser. Jene Fische, die sieben Tage lang im saureren Wasser schwammen, hielten sich aber meistens im Dunkeln auf. Das Verhalten, laut den Forschen ein Zeichen für Ängstlichkeit, klang erst zwölf Tage, nachdem die Fische wieder zurück in normales Meerwasser gesetzt worden waren, ab.
Der Hirnbotenstoff Gamma-Aminobuttersäure (GABA) dämpft bei Tieren und Menschen Angst. Viele Medikamente gegen Angstzustände imitieren die Wirkung dieses Botenstoffs und lagern sich an den Andockstellen dieses Neurotransmitters an. Die Theorie der Forscher ist, dass das saure Wasser die Andockstellen blockiert. Um das zu testen, gaben sie eine kleine Dosis eines GABA-Hemmstoffs in das Wasser der Kontrollfische. Die Folge war, dass die zuvor kaum ängstlichen Tiere sich nun ebenfalls in den dunklen Bereichen des Beckens verkrochen.
Die Folge von Kohlendioxid-Emissionen für die Ozeane ist ein erhöhter Säuregrad des Meerwassers. 2100 soll das Meerwasser laut Prognosen mehr als doppelt so viel gelöstes CO2 enthalten wie heute. Studien haben gezeigt, dass dadurch das Wachstum von Tintenfischen gestört wird, dass Kalkalgen und Korallen nicht mehr genug Baumaterial für ihre Schalen bekommen und Seeigellarven Verdauungsstörungen kriegen. Nun gibt es immer mehr Hinweise, dass das saure Wasser auch Fische stört.