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Experten warnen vor Ebola-Ausbreitung

Von Eva Stanzl

Wissen

Neue Ansätze gegen die tödliche Krankheit kommen mangels Geld nicht vom Fleck - nun soll ein Impfstoff getestet werden.


Wien. Er flog nach Afrika, um die Ebola-Epidemie zu bekämpfen. Dann infizierte sich der US-Arzt Kent Brantly mit dem Virus. Ein Spezial-Serum lehnte er ab, um eine (ebenfalls infizierte) Kollegin zu retten. Seit Samstag wird er in einer Sonderabteilung des Emory University Hospital in Atlanta behandelt. Nach Aussagen der US Gesundheitsbehörde CDC vom Montag geht es ihm bereits besser. Brantley hatte sich während eines Einsatzes in Westafrika infiziert, wo seit Februar mehr als 700 Menschen an Ebola gestorben sind. Am Montag wurde bekannt, dass sich nun auch ein nigerianischer Arzt bei der Behandlung eines Ebola-Patienten infiziert hat.

Der Ausbruch der Krankheit ist der schwerste jemals registrierte. Experten sprechen von einer "beispiellosen Epidemie" - das tödliche Virus hat die Region im Griff. Die frühere Gesundheitsministerin von Mali, Fatoumata Nafo-Traore, hat vor einer möglichen Ausbreitung auf andere Länder oder sogar Kontinente gewarnt. "Ebola könnte andere Staaten erreichen, auch in Europa, weil die Leute weiter reisen und die Kontrollen an den Grenzen und Flughäfen häufig unangemessen sind", sagte die Expertin mit 25-jähriger Erfahrung.

Österreich unter "ferner liefen"

"In der Region ist das Virus extrem gefährlich", sagte der Wiener Virologe Franz-Xaver Heinz zur "Wiener Zeitung": "Pflegepersonal und Personen, die Kontakt mit Patienten gehabt haben könnten, sind nicht verfolgbar. Nicht überall ist entsprechende Schutzkleidung vorhanden und Personal ausreichend geschult, um Infektionen zu verhindern." Heinz befürchtet aber nicht, dass sich die Krankheit in Österreich ausbreiten kann, sollte ein Fall eingeschleppt werden. "Die Chancen auf Heilung steigen, wenn mit der höchsten medizinischen Kunst behandelt wird." Laut Peter Kreidl, zuständiger Experte im Gesundheitsministerium, ist Österreich ein Gefährdungsland unter "ferner, ferner liefen". Die Möglichkeit, dass ein Reisender mit potenziell verdächtigen Krankheitssymptomen ankommt, sei aber trotzdem gegeben. Eine Koordination laufe zwischen Flughäfen, Fluglinien und Sanitätsbehörden. Dennoch sei Angstmache für westliche Industriestaaten unangebracht: Mit den Möglichkeiten moderner Hygienemaßnahmen und funktionierenden Spitalssystemen sei eine gänzlich andere Situation als in Westafrika gegeben.

Dennoch: In einer Risikoeinschätzung bezeichnet das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten die Gefahr einer Infektion für Bürger der EU durch Reisende zwar als unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Das Auswärtige Amt in Deutschland rät von "nicht notwendigen Reisen nach Liberia, Sierra Leone und Guinea" ab, Amerika hat eine Reisewarnung für die Region ausgesprochen, die Fluglinie Emirates ihre Flüge ausgesetzt.

Die ersten Infektionen mit Ebola wurden im Jahr 1976 in Zaire und im Sudan registriert. Das Virus dringt in die Zellen ein und blockiert dort das Immunsystem. Symptome sind plötzlich einsetzendes Fieber, Schwäche, Muskelschmerzen, Kopf- und Halsschmerzen und in weiterer Folge Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Ausschlag, Nieren- und Leberfunktionsstörungen und innere und äußere Blutungen. Labordiagnostisch zeigen sich verminderte weiße Blutzellen und Blutplättchen und erhöhte Leberenzyme. Ebola führt in 50 bis 90 Prozent der Fälle zum Tod. "Die Virusvermehrung beeinträchtigt das Blutgerinnungssystem. Es kommt quasi zu einem inneren Verbluten und multiplem Organversagen. Durch einen massiven Zelltod werden die regenerativen Fähigkeiten überschritten", erklärt Herwig Kollaritsch, Leiter für Epidemiologie am Institut für Tropenmedizin der Medizinuni Wien.

Das Virus wird durch engen Kontakt mit Blut, Sekreten, Organen oder Körperflüssigkeiten von infizierten Tieren, erkrankten oder verstorbenen Menschen übertragen. Eine kausale Behandlung gibt es nicht. "Aber man kann dem Organismus Ersatzleistungen anbieten, kann Zellen, Blutkörperchen und Gerinnungsfaktoren ersetzen und die Nieren durch Dialyse unterstützen. So gewinnen sie Zeit. Dadurch erhöhen sich die Chancen, dass der Organismus mit dem Virus fertig wird. Die Überlebenschancen sind durchaus gut", so Kollaritsch. Ist ein Impfstoff in Sicht? Seit langem wird nach einem Vakzin geforscht, bisher hat aber noch kein Mittel das Stadium der Tierversuche verlassen. Nun will die US-Regierung ab September erstmals einen Impfstoff gegen den Erreger für Versuche am Menschen zulassen. Erste Ergebnisse an Affen seien positiv verlaufen, berichtetet der Sender CNN. Da vom Beginn der klinischen Phase-I-Studie bis zum Markteintritt aber acht bis zehn Jahre vergehen, kommen die Resultate für die jetzige Epidemie zu spät.

Problem weltweit zu klein

Einer der in Entwicklung befindlichen Impfstoffe stammt aus dem Labor von Thomas Geisbert von der Universität Texas, einer der führenden Ebola-Forscher in den USA. Das Mittel hätte bereits nichtmenschliche Primaten vollständig vor Ebola geschützt, berichtet der "Scientific American". Es besteht aus dem Vesicular stomatitis Virus (VSV), das eng mit dem Tollwutvirus verwandt ist. Sein Erbgut ist gentechnisch so verändert, dass es zwar keine Krankheit im Menschen verursachen kann, aber dennoch die Immunabwehr dazu anregt, Antikörper gegen Ebola zu erzeugen.

Ein anderer aussichtsreicher Kandidat für ein Medikament ist ein spezieller Antikörper. Forscher konnten auch hier im Tierversuch zeigen, dass dieser wenige Tage nach Ausbruch des gefürchteten Ebola-Fiebers wirksam gegen das tödliche Virus ist.

Bisher hätte für Tests am Menschen das Geld gefehlt, betont Heinz Feldmann vom US National Institute of Allergy and Infectious Disease (NIAID) in Hamilton im "Spiegel Online": "Ebola ist kein allzu großes Problem für die weltweite Gesundheit der Bevölkerung." Würde es nicht derart an finanzieller Unterstützung mangeln, schätzt Gilbert, sei man möglicherweise nur zwei bis sechs Jahre von der Zulassung eines Impfstoffs entfernt.