In den vergangenen Jahren haben Ärzte Männer ab 45 als kapitalkräftige Kundengruppe entdeckt und die Entdeckung der Wechseljahre des Mannes ausgerufen. Im Licht der aktuellen Erkenntnisse steht dahinter wenig mehr als eine Marketingstrategie.
Etwa ab dem 40. Lebensjahr sinkt der Testosteronspiegel des Mannes jedes Jahr um ein bis zwei Prozent, was meist keine spürbaren Auswirkungen hat. Männer über 60 Jahre leiden allerdings häufiger an depressiven Verstimmungen, Gewichtszunahme, Müdigkeit, Nervosität und Libidoverlust, seltener auch an einer Art Hitzewallungen. "Diese Beschwerden können vielfältige Ursachen haben, auch das Absinken des Testosteronspiegels kann mit ein Grund sein", erklärte Sven Diederich von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Die meisten Männer hätten jedoch keinen behandlungsbedürftigen Mangel an dem Sexualhormon.
In Deutschland seien etwa nur drei bis fünf Prozent der Männer zwischen 60 und 79 Jahren von einem echten Testosteronmangel betroffen, der einen Libidoverlust und andere Symptome. Dieser Gruppe, zu denen auch stark übergewichtige Männer mit erhöhtem Blutdruck, erhöhten Blutfetten oder erhöhtem Blutzucker gehörten, könne durch eine Hormontherapie geholfen werden. Es gebe aber keine "Wechseljahre" beim Mann, stellte Schatz klar.
Die Experten warnten daher davor, Testosteron kritiklos und ohne Bestimmung des Hormonspiegels zu verschreiben, wenn lediglich manche Anzeichen für einen Testosteronmangel sprächen. Laut Schatz wird kontrovers diskutiert und weiter erforscht, ob und welche Risiken die Testosterontherapie bei älteren Männern habe. Die DGE verwies darauf, dass die Arzneimittelbehörde in den USA von den Herstellern fordert, Warnhinweise in die Beipackzettel aufzunehmen.