Die Folgen, die von einer Internetabhängigkeit ausgehen können, schlagen sich laut dem Psychiater in drei Lebensbereichen nieder: im Umgang mit dem eigenen Körper, mit sozialen Beziehungen und mit der eigenen Leistungsfähigkeit. Bei Schülern fange es häufig damit an, dass es aufgrund von Schlafmangel durch nächtliches Computerspielen zu Übermüdungen und Konzentrationsstörungen kommt. Der Bewegungsmangel führt in Folge nicht nur zu Übergewicht. "Der sich im Wachstum befindliche Körper braucht möglichst viele und vielfältige Erfahrungen mit Bewegung und Sinnesreizen, um voll und ganz heranzureifen", betont der Mediziner in seinem Buch. Denn wer als Heranwachsender nicht die physische Welt erkundet und darin den eigenen Körper erobert, dem fehle es später an Handlungsspielräumen und Haltung, um als Erwachsener aufrecht durchs Leben zu gehen.
Die durchschnittliche Internetnutzung ist bei deutschen Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren von 99 Minuten im Jahr 2006 auf 179 Minuten im Jahr 2013 - also drei Stunden pro Tag - gestiegen. In Österreich dürfte es wohl kaum anders sein.
Versäumtes Erleben
Immer mehr Eltern wollen ihre Sprösslinge früh an die Medien heranführen, damit sie nicht den Anschluss an die digitale Welt verpassen. Doch: "Wenn wir die Heranwachsenden in einer virtuellen Welt aussetzen und sie dort sich selbst überlassen, werden sie wohl kaum zu selbstbestimmten Erwachsenen heranreifen, die sich in der realen Welt noch zurechtfinden", so te Wildt. Erst mit dem achten Lebensjahr sind Kinder in der Lage, zwischen Virtualität und Realität, zwischen Fantasie und Fiktion zu unterscheiden. Das Problem eines zu frühen und langen Konsums von Bildschirmmedien sei in der Regel gar nicht so sehr, was Kinder dabei erleben, sondern vielmehr, was sie in dieser Zeit alles nicht erleben.
Für den Menschen sei es wichtig, möglichst viele Medien- bzw. Kommunikationstechniken im Repertoire zu haben, um nicht im Falle eines digitalen Super-GAUs auf die Stufe des Menschen der Frühzeit zurückzufallen. Ganz klar ist es wichtig, auch digitale Medienkompetenz zu erlangen, aber das Timing muss stimmen.