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Trendumkehr in der Krebstherapie

Von Von Alexandra Grass

Wissen
Erst wenn die Krebszelle ihrer Tarnkappe entmächtigt werden, werden sie für das Immunsystem angreifbar.
© Fotoliaxrender

Die Immuntherapie als neue Hoffnung für Krebspatienten zeigt immer mehr Erfolge.


Wien. Im Jahr 2011 hat Peter-Michael Zaininger den Kampf gegen den Krebs aufgenommen. Seither wurde versucht, seine Krankheit mit Chemotherapien in den Griff zu bekommen - so ziemlich vergeblich. Die Trendumkehr in der Behandlung seiner Melanommetastasen (Tochtergeschwülste von schwarzem Hautkrebs) zeigte sich erst im Sommer 2014. Seit diesem Zeitpunkt erhält der nunmehr 72-jährige Patient die allerneueste Therapieoption in der Krebsbehandlung - die sogenannte Immuntherapie.

Die großen Fortschritte in der Erforschung können sich sehen lassen. Noch nie waren Onkologen so hoffnungsfroh und sprechen von einer Revolution. Auch zeigt die zuletzt schon in der "Wiener Zeitung" beschriebene Immuntherapie immer mehr Erfolge - vor allem beim metastasierten Melanom, von dem auch Peter-Michael Zeininger betroffen ist, aber etwa auch bei Lungenkrebs.

Bis zu 80 Prozent Ansprechrate

"Die neuen Therapien erzielen Ansprechraten von bis zu 80 Prozent und ermöglichen signifikante Verlängerungen des Gesamtüberlebens", betonte Hubert Pehamberger, Leiter der Uniklinik für Dermatologie in Wien am Montag im Rahmen eines Pressegesprächs. Allerdings sei es noch zu früh, um von definitiven Heilungserfolgen zu sprechen.

Derzeit würden Studien laufen, um die Wirksamkeit von Kombinationen zu testen und jene Patientengruppen zu identifizieren, die jeweils am meisten von einem Therapieschema profitieren. Darüber hinaus widmen Wissenschafter auch der Erforschung von Biomarkern viel Zeit, um die Wirkstoffe maßgeschneidert einsetzen zu können.

"Grundsätzlich stellt die Immuntherapie einen Durchbruch dar und wird die Landschaft der Krebstherapie völlig verändern", betonte auch Christoph Zielinski, Leiter der Klinischen Abteilung für Onkologie der MedUni Wien. Diese neue Art der Therapie biete bei verschiedenen Tumoren eine Chance, die Erkrankung "über lange Zeit und bei guter Lebensqualität der Betroffenen beherrschen zu können".

Schlüsselstelle der Immuntherapie ist das körpereigene Immunsystem. Denn für gewöhnlich erkennt der Abwehrmechanismus des Menschen Krankheitserreger, Fremdkörper und entartete Zellen. Bei Krebszellen sieht die Sache allerdings anders aus. Sie verstecken sich unter einer Art Tarnkappe und werden vom körpereigenen Immunsystem nicht als "fremd" erkannt. Die Folge ist, dass auch die Killerzellen nicht aktiv werden, um die bösartigen zu bekämpfen.

Krebszellen werden enttarnt

Mit Hilfe der immuntherapeutischen Ansätze gelingt es aber nun, den Tumorzellen die Tarnkappe herunterzureißen und sie für das körpereigene Abwehrsystem zugänglich zu machen.

Die neuen Immuntherapien richten sich gegen Proteine wie CTLA-4 oder PD-1, die die T-Zellen an ihrer Abwehrfunktion hindern. Sie setzen auf die Blockade dieser Hemmung mithilfe speziell entwickelter monoklonaler Antikörper, sogenannter Immun-Checkpoint-Inhibitoren wie CTLA-4- oder PD-1-Hemmer. Diese richten sich gezielt gegen spezifische Antigene an Krebszellen, um diese zu schädigen oder ihre Wachstumssignale zu blockieren. Gleichzeitig ermöglichen sie dem Immunsystem das Erkennen der Krebszellen. Killerzellen und die weißen Blutkörperchen (Lymphozyten) werden in die Lage versetzt, die Tumorzellen durch zytotoxische, zellabtötende, Reaktionen zu bekämpfen. Zum Einsatz kommen derzeit Präparate wie Nivolumab und Pembrolizumab.

Aber auch die neuen Immuntherapeutika sind mit Nebenwirkungen verbunden, betont Pehamberger. Vor allem können Autoimmunerkrankungen auftreten, die durch ein überschießendes Immunsystem auftreten können. Dabei richten sich die Abwehrzellen gegen körpereigene, gesunde Zellen. Aber "man hat den Eindruck, dass sich sehr wohl der eine oder andere Tumor so einpendelt, dass es vielleicht bei einem Teil der Patienten zu einer Balance zwischen Immunsystem und Tumor kommt", hatte zuletzt Christoph Zielinski gegenüber der "Wiener Zeitung" betont.

Vortrag und CCC Cancer School

Im Rahmen eines kostenlosen Vortragsabends bietet die Initiative "Leben mit Krebs" am Montag, 14. September, ab 16.30 Uhr im Hotel Strudelhof (Pasteurgasse 1, 1090 Wien) Informationen zur "Immuntherapie bei Krebs" - von Experten wie Maria Sibilia, Vorstand des Krebsforschungsinstituts der MedUni Wien. Am 28. Oktober startet die CCC Cancer School an der MedUni Wien ins neue Semester und richtet sich an acht Nachmittagen an Personen, die mehr über Krebs, die Ursachen, Therapieoptionen und das Leben mit der Krankheit wissen wollen (www.cancerschool.at).