Lech. (ski) "Am Anfang war der Thigh Gap." Mit diesem für viele Zuhörer zunächst rätselhaften Zitat aus einem Wiener Stadtmagazin leitete der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann am Donnerstagabend sein Eröffnungsreferat zum 19. Philosophicum Lech ein. Der "Thigh Gap", "die Lücke, die im Stehen zwischen den geschlossenen Oberschenkeln einer Frau entstehen sollte", sei neuer Richtwert in Sachen Idealkörper.
"Der weibliche Körper ist eine einzige Kampfzone, muss ständig optimiert werden und passt dennoch nie", zitierte Liessmann weiter und leitete damit zum Kern des heurigen Philosophicum-Themas "Neue Menschen! Bilden, optimieren, perfektionieren" über: Man sehe hier eine Entwicklung, die nicht nur den weiblichen Körper oder den Körper überhaupt, "sondern den Menschen in all seinen Facetten als eine Kampfzone definiert, in der es ausschließlich um Fragen der Optimierung und Perfektionierung, der Verbesserung, Normierung und Kontrolle um fast jeden Preis geht".
Transhumane Konzepte
Schon im Magna-Impulsforum am Nachmittag war darüber diskutiert worden, welche Methoden es gibt und geben könnte, um Aussehen sowie geistige und körperliche Leistungsfähigkeit des Menschen zu steigern. Bei der Eröffnung betonten dann die Politiker, Familienministerin Sophie Karmasin und der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner, dass die Frage des Menschenbildes entscheidend für die Politik sei.
Liessmann zeigte in einer Tour d’ horizon alle Versuche auf, "neue Menschen" zu schaffen, sei es durch biologische Eingriffe oder durch transhumane Konzepte, bei denen etwa das Bewusstsein in "funktionaler Unsterblichkeit" auf einem Chip weiterlebe. Es sei vielleicht an der Zeit, schloss Liessmann, das "fragile und fragliche Wesen" Mensch "zumindest gegenüber den Gebildeten unter seinen Verächtern zu verteidigen".