Wien. Spürt jemand weniger Schmerzen, zeigt er auch weniger Mitgefühl (Empathie). Das konnten Wiener Forscher um den Neuropsychologen Claus Lamm kürzlich in einer im "Journal of Neuroscience" publizierten Studie belegen. Im Fachjournal "Pnas" berichten sie nun über einen weiteren Schritt: Durch das gezielte Blockieren von Opiatrezeptoren im Gehirn schalteten sie das gehemmte Mitgefühl wieder ein.
Im Ausgangstest bekamen die Studienteilnehmer kurze Elektroschock-Impulse. Wer meinte, ein Schmerzmittel erhalten zu haben, zeigte sich weniger empathisch, wenn er bei anderen Studienteilnehmern Schmerzen wahrnahm. Dabei benutzten die Forscher freilich keine echten Schmerzmittel, sondern nur Placebos, die nachweislich trotzdem die Schmerzaktivität des Gehirns verringern. Die Experten aus Österreich, Schweden und Italien nehmen an, dass so ein "Placeboempathie-Effekt" auch bei echten Schmerzmitteln auftritt, da diese auf ähnliche Weise auf die Opiatrezeptoren wirken.
Opiatsystem entscheidend
Die damaligen Analysen zeigten einen engen neuronalen Zusammenhang zwischen eigener Empfindung und Empathie. Die Beobachtung von Schmerzen aktivierte die gleichen Gehirnareale, wie wenn die Probanden selbst Schmerz empfanden. Im Rahmen der neuen Tests konnten die Experten um den am Institut für psychologische Grundlagenforschung der Universität Wien forschenden Lamm dank Magnetresonanztomografie noch genauer beobachten, welche Gehirnareale besonders aktiv sind. Zusätzlich blockierten sie mit einem Medikament die Opiatrezeptoren und damit wiederum den "Placeboempathie-Effekt". "Die Empathie normalisierte sich dann wieder", erklärte Lamm. Man könne nun "wesentlich exakter sagen, dass diese Veränderungen wirklich etwas mit dem Opiatsystem zu tun haben - das ist ein entscheidender Fortschritt."