Wien/Graz/Salzburg. Der sprachliche Ausdruck in Österreich hat aufgrund der vielen Dialekte und Einflüsse aus anderen Sprachen besonders viele Facetten. In einem neuen Forschungsverband, dessen Auftakt am 14. Jänner in Wien erfolgt, soll dem "Deutsch in Österreich" auf dem Grund gegangen werden. Am Ende wollen die Forscher mehr darüber wissen, "wer mit wem in welcher Situation welche Form von Deutsch spricht".

"Wenn vom österreichischen Deutsch gesprochen wird, dann geht es meistens um die Standardsprache und deren Unterschiede in der Schrift zum bundesdeutschen Deutsch", erklärte die Leiterin des Spezialforschungsbereiches, Alexandra Lenz, im Gespräch mit der APA. Dieser Ansatz finde sich auch in emotionalen gesellschaftlichen Debatten wieder - wenn es etwa um die Rettung des "Paradeisers" vor der "Tomate" geht, so die Variationslinguistin vom Institut für Germanistik der Universität Wien.

Die in dem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Spezialforschungsbereich vereinten Wissenschafter der Unis Wien, Salzburg und Graz sowie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) wollen sich aber "dem Gesamtspektrum des Deutschen in Österreich" widmen. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Erforschung der Alltagssprache und wie Menschen verschiedene Sprach-Arten verwenden und mischen - also wie sie sich zwischen Standardsprache und Dialekt hin- und herbewegen.

Österreichisches Deutsch sehr variantenreich

Das österreichische Deutsch sei jedenfalls sehr variantenreich, so die aus Deutschland stammende "Österreichisch"-Forscherin. Das liege nicht nur an der "historisch gewachsenen Mehrsprachigkeit", sondern auch an den zahlreichen Kontakten mit anderen Sprachen in der Gegenwart.

Gerade diesem fortlaufenden Wandel in der Sprache wollen die Forscher ein Stück weit folgen. Das gilt auch für die Meinungen zum Österreichischen in der Bevölkerung und zu den Veränderungen, denen es unterliegt. Gerade über Letzteres lässt sich ja vortrefflich streiten.

Wenn nun mitunter sehr emotional darüber diskutiert werde, dass das "Wienerische" als Dialekt verloren geht, stimme das in gewissem Maße. "Für die Gesamt-Stadtsprache 'Wienerisch'" treffe das aber nicht zu. "Denn man kann ja weiter einen Linzer von einem Wiener unterscheiden, auch wenn beide nicht von sich sagen würden, dass sie Dialekt sprechen", erklärte die Forscherin.

Eintauchen in Alltagssprache

Sehr tief in die im Alltag gesprochene Sprache wollen die Wissenschafter etwa mittels Komplettaufzeichnungen über ganze Tage hinweg eintauchen. Geht ein Untersuchungsteilnehmer nämlich mit einem kleinen Mikrofon und Aufnahmegerät ausgestattet durch den Tag, "vergisst" dieser eher darauf und spricht unverfälschter. "Damit soll gezeigt werden, wie komplex unser Sprechen im Alltag eigentlich ist" und wie wenig bewusst uns diese Tatsache oft sei, so Lenz. Die "Fülle an gesammelten Daten" soll dann über Online-Plattformen zugänglich gemacht werden.

Eine Art "gesamthaftes Bild" darüber, in welche Richtung sich das österreichische Deutsch insgesamt bewegt, wollen die Forscher herausarbeiten. Lenz: "Wir sind in einer Umbruchsituation, aber wohin es geht, kann ich nicht sagen."

Klar sei, dass die Anzahl an Dialektsprechern abnehme. Andererseits steige wiederum in den vergangenen 15 bis 20 Jahren das Bewusstsein für den Wert von Dialekten und der sogenannten "inneren Mehrsprachigkeit" - im Sinne der Fähigkeit, verschiedene Varianten einer Sprache zu sprechen und zu verstehen. Auch die Verfügbarkeit von Fernsehsendern aus dem gesamten deutschsprachigen Raum führe nicht unbedingt nur zu einer Annäherung der Sprache, sondern gleichzeitig auch zu einem stärkeren Bewusstsein für "verschiedene Varietäten des Deutschen als Standardsprache".