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Aufschwung in der Hämatologie

Von Alexandra Grass

Wissen
Auch Kinder und Jugendliche profitieren von neuen Therapiemethoden.

Neue Studien zeigen hohe Erfolgsraten bei aggressiven Formen des Blutkrebs.


Wien. Über die Frage um Kosten und Nutzen moderner Krebsbehandlungen lässt sich streiten. Manchmal verlängern die teuren Präparate das Leben eines Patienten um wenige Tage bis einige Wochen. Doch immer öfter ermöglichen die Therapien, sofern eine Heilung nicht erzielt werden kann, ein Leben mit Krebs - mitunter über viele Jahre und mit steigender Lebensqualität. "In den letzten 25 Jahren hat die Krebssterblichkeit um 21 Prozent abgenommen", betonte Christoph Zielinski, Leiter der Uniklinik für Innere Medizin I im AKH-Wien, am Dienstag vor Journalisten.

Möglich machen diese Entwicklung vorwiegend die neuen Behandlungsmethoden wie zielgerichtete Therapien und die Immuntherapie, die immer häufiger die herkömmliche Chemotherapie ersetzen oder begleitend dazu angewendet werden. Während bei der Chemotherapie Zellgifte zum Einsatz kommen, wirken zielgerichtete Therapien maßgeschneidert auf bestimmte Angriffspunkte des Tumors. Bei der Immuntherapie sorgen spezielle Hemmstoffe dafür, dass das körpereigene Immunsystem die Krebszelle als "fremd" erkennt und in Folge eliminiert. Sie gilt derzeit als Revolution in der Krebsmedizin und kommt vor allem beim Melanom und beim Lungenkarzinom erfolgreich zum Einsatz.

Erster Patient in Wien betreut

Aber auch in der Hämatologie "ist in den letzten zwei bis drei Jahren kein Stein auf dem anderen geblieben", erklärte Ulrich Jäger, Leiter der Klinischen Hämatologie an der Uniklinik. Der neueste Ansatz ist die CAR (Chimaric Antigen Receptor)-T-Zelltherapie, mit der in ersten Studien bei sogenannten "austherapierten" Kindern mit akuter lymphatischer Leukämie, einer aggressiven Form von Blutkrebs, eine Remission von 90 bis 100 Prozent erzielt werden konnte. Bei Erwachsenen mit diffusen großzelligen B-Zell-Lymphomen war die Therapie bei etwa der Hälfte der Patienten erfolgreich und half, ebenso nachdem alle bisherigen Möglichkeiten ausgeschöpft waren.

Bei dieser Methode werden dem Patienten T-Zellen - die Killerzellen des Immunsystems - entnommen und mittels eines speziellen Virus "scharf gemacht", schilderte Jäger. Wieder in den Körper eingebracht, ist es den T-Zellen möglich, die bösartigen B-Zellen zu erkennen und zu eliminieren.

Die Medizinische Universität Wien ist gemeinsam mit dem St. Anna-Kinderspital eines von nur neun Zentren in Europa, die an einer Studie mit dieser Methode teilnehmen. Erst seit kurzem wird im AKH der erste Patient betreut. Die bisherigen Erfolgsmeldungen stammen von Studien aus den USA, wie Jäger erklärte. Erste europäische Resultate wird es in einigen Monaten geben.

Wiener Krebstag

Die Vielzahl der Behandlungsmöglichkeiten stellt sowohl Ärzte als auch Patienten vor große Herausforderungen. "Vor 20 Jahren hat es etwa ein Dutzend Medikamente gegeben, Brustkrebspatientinnen sind ähnlich behandelt worden wie Lungenkrebspatienten. Therapie und Nebenwirkungen waren rasch erklärt. Das ist heute anders", erklärte Gabriela Kornek, ärztliche Direktorin des Wiener AKH und Präsidentin des Vereins "Leben mit Krebs".

Infoveranstaltungen, die Krebshilfe oder Initiativen wie die Cancer School des Comprehensive Cancer Center seien wichtiger denn je, "um Patienten aufzuklären - aus seriöser Expertenhand", betonte die Onkologin und verwies dabei auch auf die auf 48 Wochenstunden reduzierte Arbeitszeit für Ärzte. Damit werde es noch schwieriger, Patienten umfassend, weil zeitaufwendig, aufzuklären. "Der Faktor Zeit mit und für Patienten ist von enormer Bedeutung", mahnte der Onkologe Paul Sevelda, Präsident der Krebshilfe.

Initiativen wie der Wiener Krebstag seien daher heute umso mehr eine gute Ergänzung. Dieser findet heuer am 9. Februar ab 11 Uhr im Wiener Rathaus statt und wird bei freiem Eintritt über Therapiemöglichkeiten und begleitende Themen wie Rehabilitation, Impfungen, Thromboserisiko bei Krebs, aber auch die Palliativmedizin umfassend informieren.

www.leben-mit-krebs.at