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Der Zeck ums Eck

Von Alexandra Grass

Wissen
Die Zecken werden aktiv, wenn die Bodentemperatur auf rund sieben Grad Celsius ansteigt.
© Corbis/CDC

Medizinuni Wien entwickelt neuen Test zur Früherkennung der Lyme-Borreliose.


Wien. Wenn die Kinder, weil sie gerne im Wald spielen, mindestens einmal pro Woche mit einem Zeck nach Hause kommen, könnte man sich als Elternteil schon Sorgen machen. Immerhin überträgt statistisch gesehen jeder dritte bis vierte Zeck die viel gefürchtete Lyme-Borreliose. Während es möglich ist, sich gegen das, auch durch Zecken weitergereichte FSME-Virus schützen zu lassen, bleibt uns eine entsprechende Abwehr gegen Borrelien bis dato verwehrt.

Und Borrelien sind eine besonders heimtückische Bakteriengattung. Sie können sich in Organen einnisten und stören dort die Funktion der Zelle, was bei fortgeschrittenem Befall auch zu rheumatischen, neurologischen oder kardiologischen Beschwerden führen kann, die fälschlicherweise oft anderen Krankheiten zugeordnet werden. Dadurch kommt es auch immer wieder vor, dass eine Borrelieninfektion unentdeckt bleibt.

Was ist also zu tun, wenn sich so ein Zeck festgebissen hat? An erster Stelle, nach dem Entfernen des Unholds, steht die Beobachtung der Bissstelle, rät Hannes Stockinger vom Institut für Hygiene und angewandte Immunologie der Medizinuni Wien. Kommt es zu einer ringförmigen Rötung, Wanderröte oder Erythema migrans genannt, handelt es sich ziemlich sicher um die besagte Infektion. Als Therapiemaßnahme wird ein Antibiotikum verabreicht, um die Eindringlinge abzutöten.

Bleibt die Rötung aber verborgen oder tritt sie erst gar nicht auf, wie es bei zwei Drittel der Betroffenen der Fall ist, kann eine mögliche akute Infektion unentdeckt bleiben. Erst spätere Symptome wie grippeähnliche Erscheinungen Gelenks- oder Muskelschmerzen können auf die Erreger hinweisen. Ein Bluttest könnte hier Abhilfe schaffen. Doch Stockinger schildert eine weitere Problematik: "Oft kann man mit einer Messung des Antikörperspiegels gar nicht klar sagen, ob es sich um eine akute, eine chronische oder gar ausgeheilte Infektion handelt."

Schneller und sicherer

Um hier genauer differenzieren zu können, entwickeln Forscher der Medizinuni Wien einen neuen Test zur Früherkennung der Lyme-Borreliose. Dieser soll helfen, eine akute Infektion besser erkennen zu können als bisher und damit gesunde Personen mit Borrelien-Antikörpern im Blut nicht unnötig mit Antibiotika zu behandeln und bereits früh therapeutische Schritte setzen zu können.

Die derzeit angewendeten Antikörpertests geben frühestens drei bis vier Wochen nach der Infektion ein aussagekräftiges Resultat. Der neue Test "Ixodes-Kit" schaffe dies ein bis zwei Wochen früher - und ist sicherer, schildert Stockinger. Dabei werden nicht nur die Antikörper bestimmt, die infolge eines Eindringens von Erregern vom Körper als Gegenwehr gebildet werden, sondern wird auch die Reaktion der T-Zellen analysiert. Eine hohe Konzentration dieser Abwehrzellen deute auf eine akute Infektion hin, so der Experte. Finden sich zusätzlich Gedächtniszellen im Blut, die nach der Ausheilung einer Erkrankung für gewöhnlich gut versteckt im Körper schlummern, verstärkt dies die Aussagekraft zusätzlich und die Mediziner können sofort handeln.

Borrelien werden übrigens nur von Zecken übertragen, betont Stockinger. Jährlich kommt es in Österreich, das als besonders stark befallenes Gebiet gilt, zu mindestens 70.000 Neuerkrankungen. Mit der Gabe von Antibiotika würden die Beschwerden auch bei einer bereits lange Zeit bestehenden Infektion abklingen.

Der Experte gibt aber zu bedenken, dass Zecken auch andere Bakterienarten wie etwa Rickettsien, Babesien, Anaplasmen oder Bartonellen übertragen können, die ebenso Entzündungen und Fieber auslösen können. Um die Vielfalt der Pathogene und deren Auswirkungen auf den Menschen feststellen zu können, hat die Medizinuni eine eigene Zeckenbiss-Studie initiiert. Interessierte beziehungsweise Betroffene können sich, am besten mit dem Tier im Gepäck, an die Ambulanz des Instituts wenden, so Stockinger.

Aufgrund der vorherrschenden Kälte ist es derzeit eher unwahrscheinlich, sich einen Zeck einzufangen. Wenn es wieder wärmer wird, ist aber Vorsicht geboten. Naturverbundenen Kindern, aber auch Erwachsenen, sei geraten, täglich an ihrem Körper Nachschau zu halten, um im Fall der Fälle sofort reagieren zu können.

www.meduniwien.ac.at/hp/hai