Graz Die in Südasien beheimateten Riesenhonigbienen (Apis dorsata) bauen an Bäumen, Felsen oder Gebäuden frei hängende Nester mit einer zentralen Wabe, die auf beiden Seiten mehrlagig von Bienen bedeckt ist. Sie haben hoch angepasste Verteidigungsstrategien. Wie Grazer Forscher herausgefunden haben, verfolgen sie offenbar auch einen speziellen Weg, um ihr Nestinneres zu belüften.

Angreifer wie Wespen, Vögel oder Großsäuger bewirken bei einer Annäherung an ein Nest von Riesenhonigbienen sogenannte Verteidigungswellen: Wie Gerald Kastberger vom Institut für Zoologie der Universität Graz bereits erkannt hatte, schlagen dabei Hundertschaften von Bienen an der Nestoberfläche nacheinander ihren Hinterleib nach oben. Dieses kollektive Verteidigungssignal erlebt der Angreifer als ein wellenförmiges Muster, das sich in Sekundenschnelle über das Nest ausbreitet, und wird abgeschreckt.

Eine interessante Entdeckung

Bei der Auswertung von rund 200 Stunden Video- und Infrarotaufzeichnungen an Kolonien in Nepal und Indien haben die Forscher um Kastberger nun eine weitere interessante Entdeckung gemacht: Die Riesenhonigbienen sind imstande, ihre Nester kollektiv mit Frischluft zu versorgen und sie auch abzukühlen, wie Kastberger und seine Kollegen im Open-Access-Journal Plos One aktuell veröffentlicht haben.

"Wir haben erstmals 1999 bei der Auswertung der Aufnahmen zum seinerzeitigen Dokumentarfilm mit Sir David Attenborough 'The Magic Trees of Assam' kleine Areale an der Nestoberfläche ausgemacht, die kurzzeitig auftraten und kühler als die Nachbarregionen waren", schilderte Kastberger der APA. Je wärmer die Außentemperatur war, umso häufiger seien diese Regionen sichtbar geworden.

"Wir wissen jetzt, dass solche kühlere Flecken an der Nestoberfläche zu einem dynamischen Ventilationssystem gehören, das im Tierreich einzigartig ist." Der Grazer Experte wies mit seinen Messungen nach, dass es sich dabei um die Eingänge von durch Bienen gebildete Konvektionstunnel handelt. Über diese wird Frischluft durch den "Bienenvorhang" in das Nestinnere an die Brutzellen hineingepumpt, wie Kastberger erklärte.

Der Grazer Experte, der seit mehr als zwei Jahrzehnten die Riesenhonigbienen erforscht, schließt aufgrund der vorliegenden neuen Befunde darauf, dass auch der für einen Lufteinstrom notwendige Unterdruck durch die Bienen selbst erzeugt wird: Hunderte Individuen in der innersten Schicht des "Bienenvorhangs" dürften sich an gewissen Nestarealen gemeinsam mit ihren Extremitäten von der Wabe weg strecken. Dadurch vergrößert sich das innere Nestvolumen, was schließlich zum Druckabfall führt.

Obwohl dieses Beinstrecken der Bienen nur zu geringen Auswölbungen des "Bienenvorhangs" von rund 160 Mikrometer führt, ist der Effekt durchaus ausreichend, wie die Grazer Forscher errechnet haben. So könne eine 1.000 Quadratzentimeter große Region rund um einen Konvektionskanal im Nestinneren mit rund einem halben Liter Frischluft stündlich versorgt werden, ergaben erste Berechnungen. In der nachfolgenden Phase werde die Luft aus dem Nestinneren rhythmisch allein durch das Gewicht des zurückschwingenden "Bienenvorhangs" herausgedrückt.