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Das ominöse Mittagstief

Von Alexandra Grass

Wissen

Besonders Proteine, Salz und üppige Mahlzeiten scheinen Müdigkeit hervorzurufen.


La Jolla/Wien. Praktisch ein jeder Mensch kennt die sich nach und nach anschleichende, manchmal auch plötzlich hereinfallende Müdigkeit, die einen im Anschluss an das Mittagsmahl übermannt. Am Arbeitsplatz ist ein kurzes Nickerchen allerdings nicht wirklich angebracht, wiewohl der Körper dies sehr gut vertragen könnte. US-Wissenschafter des Scripps Research Institute in La Jolla in Kalifornien haben jetzt herausgefunden, was uns tatsächlich so schlapp macht.

Ihrer jüngsten Studie zufolge, die sie im Fachblatt "eLife" publizierten, sind es vor allem Proteine, Salz und größere Portionen, die das Verlangen nach einem Schläfchen verstärken. Zucker dagegen jedoch nicht.

20 bis 40 Minuten Schlaf

Die Forscher haben im Rahmen ihrer Untersuchungen erstmals einen Weg gefunden, die Ursachen für das Mittagstief an Fruchtfliegen der Art Drosophila melanogaster zu studieren, um die Hintergründe dieses Phänomens erklären zu können. Sie fanden eine Technik namens Activity Recording Cafe, wie sie die Schlaf- und Essensgewohnheiten der Fruchtfliegen überwachen konnten, und entdeckten an diesem Modellorganismus starke Ähnlichkeiten zum Menschen. Die Tiere schliefen vor allem nach großen Mahlzeiten wesentlich länger. Andere Studien hatten bereits vermuten lassen, dass bestimmte Nahrungsmittel einen Einfluss auf das Mittagstief haben könnten.

Die Schlafperiode der Fliegen erstreckte sich über einen Zeitraum von 20 bis 40 Minuten. In weiterer Folge veränderten die Forscher die Nährstoffe und gaben den Tieren entweder protein-, salz- oder zuckerreiche Mahlzeiten. Dabei fanden sie heraus, dass vor allem Proteine und Salz die Notwendigkeit eines Mittagsschlafs steigerten. Zucker hingegen kurbelt den Energiehaushalt im Organismus derart an, dass Aktivität die Folgeerscheinung ist - zumindest kurzfristig.

Mechanismus im Fliegengehirn

Die Wissenschafter versuchten daraufhin auch, den neuronalen Mechanismus hinter diesem Phänomen zu identifizieren, erklärt Erstautor Keith Murphy vom Scripps Research Institute in der Publikation. "Mithilfe genetischer Verfahren konnten wir bestimmte Neuronen des Fliegengehirns an- und abschalten. Wir waren überrascht, als wir bestimmte Verschaltungen fanden, die in der Kontrolle dieser Gewohnheit eine Rolle spielen." Dahinter stecken sogenannte Leucokinine, Proteine in den Gehirnzellen, die in die Regulation der Nahrungsmenge involviert sind. Sie scheinen auch beim Mittagsnickerchen von Bedeutung zu sein.

Die Arbeit könnte Ausgangspunkt für weitere Studien sein, um die exakten Gene und Schaltkreise im Gehirn aufzudecken, die die Aktivierung des Mittagstiefs durch größere Mahlzeiten, Proteine und Salz hervorrufen, ergänzte William Ja vom Department of Metabolism and Aging am Scripps Florida.

"In der Natur sind Tiere während ihres Schlafs besonders schutzlos. Daher ist es interessant zu entdecken, warum das Nickerchen nach dem Essen überhaupt notwendig sein könnte", erklärt der Stoffwechsel-Experte.