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Das Geschäft mit der Genschere

Von Eva Stanzl

Wissen

US-Patentgericht entscheidet, wer an Erbgut-Veränderungen verdienen darf.


Cambridge/Wien.Am 28. Juni 2012 begann ein neues Zeitalter der Biowissenschaften: Die Biochemikerin Emanuelle Charpentier und die Strukturbiologin Jennifer Doudna von der University of California in Berkeley beschrieben im Fachmagazin "Science" eine neue Technologie zur genetischen Veränderung von Organismen. Die Grundlage bilden Abschnitte im Immunsystem von Bakterien namens CRISPR. Die Forscherinnen veränderten damit das Erbgut von Bakterienzellen im Labor.

Ein halbes Jahr später, im Dezember 2012, publizierte der Bioingenieur Feng Zhang vom Massachusetts Institute of Technology in der US-Stadt Cambridge eine Methode zur Verwendung von CRISPR in menschlichen Zellen. Damit öffnete sich das Tor zur medizinischen Verwendung. Ab nun konnten die Buchstaben in der DNA aller Lebenswesen, von Bakterien über Ameisen bis zu Pflanzen und Menschen, so rasch und einfach redigiert werden wie noch nie. Die Hoffnung ist, schwere Erbkrankheiten ausschalten oder Menschen von Krebs oder Aids heilen zu können, erklärte die US-Akademie der Wissenschaften diese Woche (die "Wiener Zeitung" berichtete). Weiters könnten Tiere und Pflanzen ganz gezielt hergestellt werden.

Wissenschaft als Big Business

Da die Verwendung der Genschere noch nicht reguliert ist, lässt sich damit gutes Geld verdienen. Derzeit bearbeiten Patentämter der Welt Einreichungen für Anwendungen auf der Basis der CRISPR-Technologie. Unterdessen tobt ein erbitterter Patentstreit unter den Erfindern Charpentier, Doudna und Zhang über die Vormachtstellung bei dem wertvollen intellektuellen Eigentum. Am Mittwochabend mitteleuropäischer Zeit erreichte der Streit einen vorläufigen Schlusspunkt.

Das US-Patentgericht hat entschieden, dass Zhang und seine Kollegen vom Broad Institute der Universität Harvard ihr 2014 erteiltes Patent behalten dürfen. Damit haben die Richter einen Einspruch der University of California abgelehnt. Doudna und Charpentier hatten die Rücknahme des Patents ihrer Gegenspieler beantragt. Sie selbst warten übrigens noch auf ihr Patent.

Die Richter betonten, die Methode des Broad Institute sei anders gelagert als jene der University of California. Diese könnte sich nun wiederum an das US- Höchstgericht wenden. Künftig könnte es sogar zwei Patente auf die begehrte Biotechnologie geben: eines für alle CRISPR-Anwendungen und eines für deren Anwendung auf höhere Zellen.

"Im Grunde wurde ein Patent auf grüne Tennisbälle erteilt. Wir gehen davon aus, dass wir eines auf alle Tennisbälle erhalten", wird Doudna in einer Aussendung ihrer Universität zitiert.