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Plastikmüll aus der Waschmaschine

Von Eva Stanzl

Wissen
Wenn es stimmt, sollten Konsumenten mehr Naturfasern tragen: Mikropartikel in Kleidung können die Umwelt belasten.
© fotolia/pjmimages

Wenn Kunststoffkleidung mit tensidhaltigem Waschmittel gewaschen wird, entstehen Mikrofasern.


Wien. Milliarden von Plastikteilen schwimmen in den Ozeanen, Meeresströmungen schieben sie zu großen Müllbergen zusammen. Delfine verfangen sich in den Müllbergen, Meerestiere verschlucken die kleineren Teile und auch für Schildkröten und Fische werden sie zu giftigem Futter. "Die verunreinigten Partikel werden über große Entfernungen transportiert und landen als chemische Bestandteile in unserem Essen", warnte jüngst Unep-Chef Achim Steiner. Die Kosten für die Entsorgung von Plastikmüll in den Meeren beziffert er mit 9,6 Milliarden Euro pro Jahr.

Zunehmende Sorge bereiten den Experten vor allem die allerkleinsten Plastikteilchen. Diese Mikropartikel entstehen einerseits, wenn sich der Kunststoff im Wasser durch Reibung auflöst. Sie sind aber in auch in Zahnpasta, Cremes, Duschgels oder Peelings enthalten, um einen mechanischen Reinigungseffekt zu erzielen. Und sie werden beim Waschen von Kleidung als Mikrofasern ausgespült, berichten nun Schweizer Forscher. Die Mikrofasern aus den Kunststoff-Textilien gelangen dann über das Abwasser in unsere Umwelt.

Bernd Nowack, Edgar Hernandez und Denise Mitrano von der Abteilung für Technologie und Gesellschaft an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt erforschen die Eigenschaften von Nanopartikeln. Dabei haben sie untersucht, wie viele Mikrofasern aus Polyester-Textilien beim Waschen ausgespült werden. Analysiert wurde erstmals quantitativ, wie sich Waschmittel, Wassertemperatur und die Anzahl und Länge der Waschgänge auf die Freisetzung von Mikrofasern auswirken.

"Die Studie ist die bis dato sorgfältigste und systematischste zur Freisetzung von Mikroplastikfasern aus Textilien, sowohl in Bezug auf die Menge der untersuchten Parameter als auch auf die Charakterisierung der freigesetzten Fasern in Anzahl und Länge", betont das Team in einer Aussendung seines Instituts zu der im Fachblatt "Environmental Science and Technology" erschienenen Studie.

Nowack und seine Kollegen haben herausgefunden, dass sich in fünf verschiedenen Waschprogrammen immer mehr oder weniger gleich viele Mikrofasern lösten. Waschmittel und die in ihnen enthaltenen Tenside erhöhten die Menge im Vergleich zu Reinwasser. Tenside sind Substanzen, die Fett-Teilchen ummanteln, um sie von Kleidung oder Geschirr ins Wasser zu bringen. "Im Reinstwasser fanden wir erheblich weniger Mikrofasern als in tensidhaltigem Wasser. Man kann somit sagen, dass die Kombination von Tensiden und Polyester deutlich mehr Mikrofasern hervorbringt", sagt Nowack zur "Wiener Zeitung".

Temperatur oder Dauer nehmen keinen Einfluss

Überraschend war für die Forscher, dass die Waschtemperatur keinen Einfluss auf die Anzahl der Mikrofasern im Abwasser hat, "das ergibt eigentlich keinen Sinn", merkt Nowack an. Bemerkenswerterweise wirke sich auch die Dauer der Waschgänge nicht aus, "und das hat uns dann doch etwas erstaunt".

Das Team hatte angenommen, dass sich die gängige Hypothese bestätigen würde, die da besagt: Je länger ein Waschgang dauert, desto mehr Mikrofasern setzt er frei. Sie waren somit davon ausgegangen, die Mikrofasern würden während des Waschens entstehen. Wäre dies aber der Fall, sollten längere Waschgänge mehr Fasern freisetzen. "Daher können wir noch nicht erklären, wie die Fasern freigesetzt werden - ob sie bereits lose im Stoff vorhanden sind oder ob sie durch die Tenside erst gelöst werden", räumt der Empa-Forscher ein. Er warnt vor frühzeitigen Verallgemeinerungen: "Wir haben eine bestimmte Polyesterfaser in zwei verschiedenen Webarten getestet. Um die Erkenntnisse zu bestätigen, müssen wir weitere Textilien beim Waschen untersuchen."