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Warum wir Aliens nicht finden

Von Eva Stanzl

Wissen
Die Ufos sind nicht gelandet - möglicherweise, weil sie sich selbst zerstört haben.
© fotolia/aleciccotelli

Faktoren wie Klimawandel könnten Zivilisationen auslöschen, noch bevor diese ins All vordringen können.


Wien. An sich ist es eine Frage des Rechenstifts: Die Milchstraße beherbergt zwischen 100 und 400 Milliarden Sterne, um die meisten kreisen Planeten und es gibt zwei Trillionen Galaxien. Somit ist es gut möglich, dass es mehr bewohnbare Planeten wie die Erde gibt. Astronomen sind mit Fug und Recht auf der Suche, lauschen nach Radiobotschaften, kämmen Atmosphären von Exoplaneten nach Spuren von Leben.

Doch wo sind die Aliens? Wissenschafter geben immer vielfältigere Antworten. Neuen Erklärungen zufolge verhindern Klimawandel und Artensterben die Weiterentwicklung von Zivilisationen. Technologisierte Kulturen sind demnach vielleicht zu kurz am Leben, um einander in den Weiten des Kosmos zu treffen. Bevor sie mit ihren Raumschiffen so weit kommen können, vernichten sie sich (unabsichtlich) selbst.

Für die Erde malen Biologen der Universität Stanford im US-Staat Kalifornien ein düsteres Bild. Rodolfo Dírzo und seine Kollegen berichten in den "Proceedings of the National Academy of Sciences", dass die weltweiten Populationen von insgesamt 9000 Wirbeltieren zwischen 1900 und 2015 dramatisch gesunken seien. Untersucht wurden 27.600 Vögeln, Amphibien, Säugetieren und Reptilien. Die Verluste seien bezeichnend für Massensterben mit kaskadenartigen Konsequenzen.

Die Forscher beschreiben die Entwicklung als "massive Erosion der größten Biodiversität in der Erdgeschichte: Das sechste Massensterben hat begonnen und das Zeitfenster, in dem wir dagegen ankämpfen können, beträgt höchstens zwei Jahrzehnte. Wenn nichts unternommen wird, hat die Menschheit wenig Zukunft", heißt es in einer Aussendung der Uni Stanford. Treiber sei ein Trommelfeuer menschlicher Aktivitäten mit Umweltverschmutzung, Klimawandel und Einschränkung des Lebensraums von Tieren als Folgen.

Weiters warnt James Hansen, ehemaliger Klima-Chef der US-Weltraumbehörde Nasa, vor den Konsequenzen eines höheren Meeresspiegels: Dieser würde Migrationswellen ins Landesinnere auslösen, was in vielen Ländern chaotische Zustände hervorrufen könnte. "Viele Regionen wären wohl nicht mehr regierbar", warnt Hansen im Online-Magazin "Futurism".

Im schlimmsten Fall könnten die Entwicklungen der Anfang vom Ende der Menschheit sein. Das Universum ist 13,6 Milliarden Jahre alt. Nach ein bis zwei Milliarden Jahren entstanden die ersten Planeten in habitablen Zonen ihrer Sterne. Vor diesem Hintergrund erscheint es nahezu zwingend, dass Leben an vielen Orten entstanden ist. Zu vermuten ist auch, dass wir eine weltraumreisende Superzivilisation irgendwann mitkriegen würden. Wissenschafter unterscheiden drei Kategorien: Typ 1 kann die gesamte Energie auf seinem Planeten nützen - die Menschheit steht heute bei zwei Drittel und wäre in etwa 100 Jahren bei Typ 1. Typ 2 könnte die Gesamtenergie seines Sterns nutzbar machen und Typ 3 die gesamte Energie seiner Galaxie kontrollieren. "Wenn diese Zivilisation dann Raumschiffe bauen könnte, die über 1000 Jahre bewohnbar wären, könnte sie sogar die gesamte Milchstraße innerhalb von zwei Millionen Jahren kolonisieren", rechnet eine Gruppe von Informatikern namens "Kurz gesagt" in einem Online-Video vor.

Dennoch hat uns noch niemand kontaktiert. Unter Forschern nennt sich dieser Tatbestand Fermi-Paradoxon, benannt nach dem nobelpreisgekrönten Physiker Enrico Fermi. Demnach gibt es eine Obergrenze für Zivilisationen. Möglicherweise ist es sehr schwer für komplexes Leben, zu entstehen und zu überleben. "Frühes Leben ist so fragil, dass es sich nur selten weiterentwickelt", stellt etwa Aditya Chopra von der Australian National University in den Raum. Voraussetzung sei ein stabiles Klima, wie auf der Erde in den vergangenen 12.000 Jahren - eine Veränderung ist schwer zu überleben.

Leben wird irgendwann instabil

Es liegt im Wesen technischer Zivilisationen, sich zu zerstören, postuliert der britische Physiker Steven Hawking. Ihm zufolge ist die Entstehung von Leben eher wahrscheinlich und die Entwicklung von Intelligenz naheliegend. Jedoch wird das Leben ab einem gewissen Punkt instabil, sodass es sich selbst auslöscht - etwa durch atomaren Krieg, genmanipulierte Viren oder einen unkontrollierbaren Treibhauseffekt.

Der Wissenschaftsautor David Wallace-Wells beschreibt es im "New York Magazine" so: "In einem Universum so alt wie unseres, in dem Sternensysteme durch Zeit wie Raum getrennt sind, könnten immer wieder Zivilisationen auftauchen, sich entwickeln und sich viel zu schnell wieder verzehren, als dass sie sich je fänden. Das Massensterben hat erst begonnen, noch viele mehr werden sterben."