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Warum Zahnschmerzen so weh tun

Von Eva Stanzl

Wissen

Gesicht und Kopf schmerzen intensiver als andere Körperteile, weil ihre Sinnesnervenzellen direkt mit dem Gefühlszentrum im Gehirn verdrahtet sind.


Wien. Ein Biss und Autsch: Zahnweh elektrisiert. Wie Nadelstiche zieht es sich hinauf in die Stirn, hinunter zum Nacken und kostet den ganzen Körper Kraft. Noch übler sind Augenschmerzen, weil man ihnen gar nicht entkommen kann: Wer die Augen schließt, spürt sie meist noch stärker. Manche Migränepatienten wiederum müssen, vom Kopfweh geschwächt, in abgedunkelten Zimmern liegen. Das schlägt sich aufs Gemüt.

Warum werden Schmerzen in Gesicht und Kopf als besonders intensiv empfunden? Warum halten wir Verletzungen in Beinen oder Armen vergleichsweise leichter aus? Laut US-Forscheneden hat das handfeste Gründe. Die Art und Weise, wie das Gehirn verschaltet ist, ruft in Gesicht und Kopf ein besonders starkes Schmerzempfinden hervor. Alle sensorischen Neuronen, die diese Region bedienen, sind nämlich direkt mit den Signalknoten für Emotion verbunden, berichtet das Team der Duke University in Durham im Staat North Carolina im Fachmagazin "Nature Neuroscience". Die Sinnesnervenzellen für andere Körperteile seien dagegen nur indirekt mit diesen Signalknoten verbunden.

Neue Ansätze für Therapien

Die Ergebnisse könnten neue Therapie-Ansätze gegen chronische Gesichts- oder Kopfschmerzen ermöglichen, die (anders als Zahn-, Ohren- oder Augenweh) weder medikamentös noch operativ geheilt werden können. "Derzeit wird der Schmerz behandelt. Unsere Ergebnisse zeigen, dass auch die emotionalen Aspekte wichtig sind", sagt Erstautorin Fan Wang.

Die Professorin für Neurobiologie und ihr Team an der Duke University untersuchten im Tiermodell, welche neuronalen Schaltkreise bei Schmerzen im Gesichts- und Kopfebereich und im Vergleich dazu bei Leiden in anderen Körperteilen aktiv werden. Einmal irritierten sie die Pfoten und ein andermal die Gesichter von Mäusen. Dabei maßen sie die Gehirnaktivität. Irritationen im Gesicht führten zu einer höheren Aktivität in einer Region namens parabrachialer Nukleus, die direkt mit den Zentren für Intuition und Gefühl verdrahtet ist. Ihr Sitz ist die Amygdala, die eine wichtige Rolle bei der emotionalen Bewertung von Situationen und der Analyse möglicher Gefahren spielt.

Bereits zuvor hatten Patienten-Befragungen auf eine erhöhte Aktivität in der Amygdala schließen lassen. Messungen mit funktionaler Magnetresonanztomographie hatten die Aussagen bestätigt. Nun scheinen die Mechanismen geklärt. Zur Überprüfung brachten die Forscher den Gegenbeweis und lösten Gesichtsschmerzen durch Stimulieren der Amygdala aus.