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Symbol der Weihnachtszeit

Von Eva Stanzl

Wissen
Brennende Kerzen am Christbaum haben ein lange Tradition.
© Fotolia/Magdalena Kucova

Kerzen auf dem Christbaum bringen die Stuben zum Leuchten. Schon die Cro-Magnon-Menschen erhellten ihre Höhlen.


Wien. "Um diese Zeit rücken die Menschen näher zusammen, fassen sich wie Kinder an den Händen, einer will dem anderen Gutes sagen": Mit diesen Worten leitet der Schlagersänger Freddy Quinn seine 1963 aufgenommene Schallplatte "Weihnachten auf hoher See" ein. Ob man sie mag oder nicht, kaum eine Scheibe erweckt Weihnachtsgefühle so gekonnt wie diese Hommage an die Seeleute. Sie arbeitet mit dem Kontrast: Man war das ganze Jahr draußen, frei, konnte den Duft der weiten Welt genießen - und jetzt genießt man das Beisammensein. Nicht die große Welt, sondern Räumlichkeiten machen froh. Die Verantwortung Schiff liegt im Hafen. Glühwein, Kekse und geschmückte Tannenbäume, die im Lichterglanz strahlen, vermitteln Geborgenheit.

Was wäre Weihnachten ohne Lichterglanz, ohne warmes Kerzenlicht? Obwohl sie die Geburt Jesu Christi nicht feierten, erhellten schon die Cro-Magnon-Menschen der letzten Kaltzeit vor 40.000 Jahren die Dunkelheit mit steinernen Lampenschalen, in denen ein Docht in flüssigem Talg oder Tran brannte. "Brandspuren in Muschelschalen, Schneckenhäusern und ausgehöhlten Steinen legen eine Verwendung als Lampen nahe. Talg und Fett wurde mit Dochten aus Moos, Tierdärmen oder Pflanzenfasern verbrannt, damit man auch abends Felswänden bemalen konnte", erklärt Luise Schintlmeister vom Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) der Akademie der Wissenschaften.

Die Geschichte der Weihnachtskerze setzt sich mit Fackeln aus Birkenrinde fort, die brennende ätherische Öle enthielten. Den Pfahlbaubewohnern der Jungsteinzeit um 3000 vor Christus dienten sie als Beleuchtungskörper. In Ägypten wurden ab dem 3. Jahrtausend vor Christus Öllampen verwendet. Ab dem zweiten Jahrhundert benutzten die Römer Talg-, Pech- und Wachskerzen, die sie so weit entwickelten, dass sie ohne übermäßiges Rußen in geschlossenen Räumen brennen konnten. Daniel Oberndorfer vom ÖAI, der das Fachgebiet Wachs erforscht, verweist aber auf eine dünne Datenlage: "Organische Materialien bauen sich schnell ab. Wachs ist nach 2000 Jahren in feuchten Böden oft nur noch mit hochtechnischen Analysemethoden nachweisbar", betont er.

Bis zum 15. Jahrhundert waren Wachskerzen im Alltag selten. Wegen der Nachteile der Talgkerzen, die einen starken Geruch verbreiteten, setzten sich Bienenwachskerzen zunächst in begüterten Haushalten durch. Klöster waren schon seit dem frühen Mittelalter ihre Hauptverbraucher: Sie verhalfen dem Gewerbe der Kerzenhersteller zur Blüte. "Der Bedarf war so groß, dass jedes Gewerbe, das mit Wachs arbeitete, versuchte, mit der Kerzenherstellung Geschäfte zu machen", informiert der Klagenfurter Wachswaren-Herstellers Gasser auf seiner Webseite.

Lebzelter und Wachszieher

"Die Wachskerzenerzeugung war zunächst eine Nebenbeschäftigung der Lebzelter", ist in Hannelore Fielhauers Buch "Die Kerze - Ein Lichtblick der Kulturgeschichte" zu lesen. Da Zucker erst um 1800 zum Konsumgut wurde, wurden Backwaren lange mit Honig gesüßt. Die Lebzelter pressten Waben und verarbeiteten das Bienenwachs zu Kerzen weiter. Ab dem 18. Jahrhundert wurde die Wachszieherei ein eigenes Handwerk. Ärmere gaben sich dennoch bis ins 19. Jahrhundert mit Talgkerzen zufrieden.

Heute werden die meisten Kerzen aus Kunstwachs gefertigt. Ihre Bedeutung als Beleuchtungskörper haben sie gegenüber dem elektrischen Licht verloren. Als Stimmungsmacher spielen sie immer noch eine große Rolle, und im römisch-katholischen Kirchenjahr haben sie spezielle Bedeutungen. "Zu Lichtmess wird der Jahresvorrat an Kerzen geweiht, die Osterkerze begleitet Gläubige durch das Kirchenjahr", sagt Nora Witzmann, Kuratorin im Volkskundemuseum Wien. Den Adventkranz schmücken vier Kerzen, den Christbaum deren viele.

Immergrüne Pflanzen verkörpern Lebenskraft: Wohl darum glaubten die Menschen in früheren Zeiten, sich mit Grünschmuck Gesundheit ins Haus zu holen. Die ersten bekannten Aufzeichnungen über einen Christbaum stammen aus 1605: "Auff Weihnachten richtet man Dannenbäume zu Straßburg in den Stuben auf. Daran henket man Roßen auß vielfarbigem Papier geschnitten, Aepfel, Oblaten, Zischgold und Zucker", zitiert das Online-Lexikon Wikipedia eine Quelle aus dem Elsass. 1611 schmückte Herzogin Dorothea Sibylle von Schlesien den ersten Baum mit Kerzen. 1774 beschreibt Johann Wolfgang von Goethe in "Die Leiden des jungen Werther" die Erscheinung eines "aufgeputzten Baumes" mit Zuckerwerk, Äpfeln und Wachslichtern: Der Glanz eines geschmückten Tannenbaums vermag hier zu entzücken.

Warum tut er dies um den 24. Dezember? Der 25. Dezember wurde erstmals 345 vom römischen Kalligraphen Furius Dionysius Filocalus erwähnt, als das Christentum im Aufschwung war. Ein Eintrag in dem spätantiken Kodex lautet: "Christus ist am 25. Dezember, einem Freitag, dem 15. Tag des Mondalters geboren". In der Quelle, deren Authentizität umstritten ist, ist das Datum auch als liturgischer Festtag zu verstehen.

Anderen Theorien zufolge könnte das Datum als Reaktion auf den von Kaiser Aurelian 275 verfügten Geburtstag des Sol Invictus, Sonnengott der römischen Mythologie, zur Wintersonnenwende des julianischen Kalenders am 25. Dezember entstanden sein. Da dieses Fest im frühen 4. Jahrhundert bekannt war, könnte die Übereinstimmung des Datums von christlicher Seite gewollt gewesen sein.

"Die Heiden pflegen am 25. Dezember das Fest des Geburtstages der Sonne zu feiern und zu ihren Ehren Lichter zu entzünden. Zu diesen Riten luden sie auch Christen ein", schrieb ein unbekannter Autor der Spätantike: "Da nun die Lehrer der Kirche sahen, dass sich viele Christen zur Teilnahme an diesen Festen verleiten ließen, beschlossen sie, fortan am selben Tag das Fest der wahren Geburt zu begehen." In diesem Sinn: Ein besinnliches Fest.