Wien. (est) Wer dabei zuschaut, wie sich Robben fortbewegen, hält den Lebensraum Wasser für eine Erlösung. Zu Lande müssen die Flossenfüßer sich nämlich vorwärts schleppen. Zu Wasser gleiten die Raubtiere hingegen pfeilschnell zur Beute - von ihrem Körpergewicht befreit, sind sie ein Bild der Eleganz. US-Forscher berichten, dass das Wasser für Seelöwen, Robben, Wale und Co. aber nicht nur befreiend wirkt. Denn das kühle Nass setzt den Meeressäugern auch Grenzen - und zwar sind es Grenzen des Wachstums.

Das Team der Universität Stanford hat herausgefunden, dass der aquatische Lebensraum den Tieren eine bestimmte Größe auferlegt - sowohl nach oben als auch nach unten. So müssen die Säugetiere im Meer eine Mindestgröße erreichen, damit sie sich in den Tiefen der Ozeane warm halten können. Andererseits dürfen sie eine bestimmte Körpergröße nicht überschreiten, weil sie sonst nicht genug Beute fänden. "Ihr Lebensraum erlegt den Meeressäugern ganz eigene Zwänge auf", betont Erstautor Jonathan Payne in einer Aussendung zu der in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" publizierten Studie.

Größe hält warm

Wegen der länglichen, stromlinienförmig gearteten Form sehen alle Meeressäugetiere einander ähnlich. Jedoch stammen sie keineswegs aus derselben Familie. Vielmehr sind die Robben und Seelöwen mit den Hunden verwandt und die Seekühe mit den Elefanten. Wale und Delfine haben hingegen die gleichen Vorfahren wie die Flusspferde. Mögliche Gründe für den Lebensraumwechsel zurück vom Land ins Meer können die Konkurrenz mit anderen Landbewohnern und die Nutzung neuer Ressourcen gewesen sein.

Um herauszufinden, wie die verschiedenen Landbewohner ihren charakteristischen Körperumfang im Wasser annahmen, haben die Geowissenschafter vom Institut für Erd-, Energie- und Umweltwissenschaften in Stanford Daten zum Body Mass Index von 3859 lebenden und 2999 fossilen Säugetieren mit Hilfe von Computermodellen ausgewertet. 70 Prozent der untersuchten Arten leben heute noch.

Wie sich zeigte, passten alle der analysierten Säugetiere ihren Körperumfang sehr schnell an marine Bedingungen an und pendelten sich dabei in Richtung 500 Kilogramm ein. Ausnahme sind die Otter, die in der Evolution später ins Wasser wanderten und nach wie vor einen Großteil ihres Lebens zu Land verbringen.

Warum aber wurden die Wale gar so groß, wo sie doch vergleichsweise klein anfingen? Laut den Forschern benötigen sie ihre Massigkeit, um in den Ozeanen nicht zu erfrieren. Für die riesigen Pottwale, die bis zu 90 Minuten in eisigen Tiefen von 3000 Metern verweilen, ist dies eine Überlebensfrage. Denn beim Tauchen senken sie ihren Sauerstoffbedarf und verlangsamen Blutkreislauf und Herztätigkeit. Zudem koppeln sie einige Organe und Körperregionen vom Blutkreislauf ab.

Die Anpassungen, die es den gleichwarmen Tieren ermöglichen, lange unter Wasser zu bleiben, wären laut den Forschern bei kleineren Umfängen schwieriger zu erzielen. "Kleine Tiere würden Wärme viel schneller an das Wasser abgeben und könnten gar nicht genug fressen, um die nötige Energie zu erzeugen", erklärt Payne.

Mit der Körpergröße gewinnt allerdings auch der Stoffwechsel an Fahrt. "Im Grund sind diese Tiere wie Maschinen, die ohne Energie nicht laufen. Der hohe Energiebedarf setzt dem Wachstum irgend wann klare Grenzen", betont der an der Studie beteiligte Marineforscher Craig Mc Cain.

Somit haben Säugetiere auf dem Land sogar mehr Spielraum als im Wasser. Eine Ausnahme sind die Bartenwale. Während die Zahnwale nur einen einzigen Großwal in ihren Reihen haben, nämlich den Pottwal, gehören zu den Bartenwalen alle anderen Großwale - unter ihnen der Blauwal, mit mehr als sechs Metern das das größte lebende Tier. Bartenwale filtern tierisches Plankton, kleine Meerestiere und Krill, was ihre Nahrungsaufnahme effizienter gestaltet als jene der räuberischen Zahnwale. Beim Fressen gesparte Energie fließt in die Körpergröße. Wer also so groß werden will wie ein Bartenwal, müsste seine Ernährung verändern.