Wien. Käfer, wohin das Auge reicht. Jedes vierte Tier auf der Welt ist ein Krabbler. Schon lange wundern sich Forscher über ihre enorme Vielfalt und Verbreitung. Das verdanken die fliegenden, grabenden, kletternden und krabbelnden Insekten großteils Genen, die sie einst den Mikroben gestohlen haben. Das geklaute Erbgut ermöglicht es ihnen, Pflanzenteile zu verdauen, wodurch sich ihr Nahrungsspektrum erweitert hat, berichtet ein Team im Fachblatt "PNAS".

Die Wissenschafter verglichen tausende Gene bei hunderten Käferarten. Sie korrigierten einige falsch eingezeichnete Ästchen im Stammbaum der mit mehr als 400.000 Arten vielfältigsten Tiergruppe auf den neuesten Stand. Sie datierten den Ursprung der Käfer (Coleoptera) in die Karbon-Zeit vor etwa 327 Millionen Jahren und fanden eine Erklärung, warum es so viele von ihnen gibt.

Nur wenige ausgestorben

Die Käfer haben sich offensichtlich mindestens zwei Mal in ihrer Stammesgeschichte Gene von Bakterien und Pilzen einverleibt, die etwa als Fressopfer oder Partner in ihrem Verdauungssystem waren. Diese Gene sind Vorlage für Enzyme, die pflanzliche Zellwandbestandteile abbauen. Sie verschafften den Käfern Zugriff zur üppigsten Kohlenhydratquelle auf der Erde, so die Forscher.

Im Erdmittelalter, als die Dinosaurier die dominante Lebensform waren, entstanden enorm viele pflanzenfressende Käferarten, die sich an verschiedenste Lebensräume anpassten und sich die unterschiedlichen Pflanzenteile zur Nahrung machten. Manche spezialisierten sich darauf, Blätter zu fressen, andere, Holz anzubohren. Fast die Hälfte der heute lebenden Käfer stammen von der Vielfalt ab, die sich schon in der Jura-Zeit bildete, meinen die Wissenschafter. Außerdem seien in der langen Evolutionsgeschichte der Käfer bisher nur sehr wenige ausgestorben.