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Warum die Schmetterlinge verschwinden

Von Cathren Landsgesell

Artenschutz
Zwei Perlmutt-Falter auf einem Wiesenknöterich. Diese Schmetterlinge brauchen Feuchtwiesen, die es im Salzburger Land kaum noch gibt.
© Jan Habel

Eine neue Studie zeigt, wie eine veränderte Landwirtschaft den Faltern des Salzburger Landes ihre Lebensräume nahm.


Zum Beispiel der Maivogel. Euphyhydryas Maturna ist ein Schmetterling, der - wie viele - besondere Bedingungen braucht. In seinem Fall "savannenähnliche Bedingungen", wie es der Zoologe Jan Christian Habel formuliert. Übergangsräume zwischen Acker und Wald zum Beispiel. Randflächen des Waldes, Zonen der Unentschiedenheit, die keiner besonderen Nutzung gewidmet sind, Lichtungen in Laubwäldern. Der Eschen-Scheckenfalter, wie der Maivogel auch heißt, ist ein Opfer der intensiven oder vielleicht treffender: der industrialisierten Landwirtschaft. In Österreich ist die Art stark gefährdet, im Salzburger Land fast ausgestorben.

Der Maivogel verschwand gemeinsam mit den Randzonen der Wälder, mit dem früher üblichen Femelschlag, bei dem nur einzelne Bäume entnommen wurden. In einer intensiv genutzten Landschaft ist für ihn kein Platz. "Mit dem Verschwinden der extensiven Landwirtschaft geht auch das Verschwinden zahlreicher Arten einher", so Habel. Der Umweltwissenschafter der Universität Salzburg hat in einer Studie gemeinsam mit anderen unlängst zeigen können, wie Veränderungen der Landnutzung die Zusammensetzung der Schmetterlingsarten verändern und ihre Vielfalt reduzieren. Es ist vor allem das Verschwinden heterogner, kleinräumiger Landschaften in den niederen Lagen, das neben dem Klimawandel das Aussterben der Schmetterlinge im Salzburger Raum befördert hat.

Historische Daten

Welche Effekte eine veränderte Landnutzung auf die Biodiversität hat, ist noch selten untersucht, während man auf der anderen Seite weiß, dass global gesehen seit dreißig Jahren rund 75 Prozent der fliegenden Insekten verloren ging, gemessen an ihrer Biomasse. Die Effekte der Landnutzung auf die Artenvielfalt sind schwerer zu untersuchen und zu belegen.

Der Maivogel - die Schmetterlingsart ist aus dem Salzburger Raum fast verschwunden.
© Jan Habel, Universität Salzburg

Die Studie der Universität Salzburg im Auftrag des Hauses der Natur Salzburg deckt die Entwicklung im Salzburger Raum in den letzten vierzig Jahren ab. Die Forscher ordneten die seit 1980 beobachteten Schmetterlingsarten nach ihrer Verbreitung, ihren spezifischen Lebensräumen und ihrem Verhalten ein und korrelierten diese Daten mit jenen zur Landschaftsnutzung. Es zeigt sich, dass die Intensivierung der Landwirtschaft nicht nur wegen ihres Pestizideinsatzes ein Problem ist, sondern vor allem wegen der Homogenisierung der Landschaft, die sie mit sich bringt: Habel beobachtet zwei grundlegende Treiber dieser Homogenisierung: Wo es möglich sei, werde in der Landwirtschaft intensiviert, erklärt er. Wo dies nicht möglich ist, werden frühere - extensive - Formen der agrarischen Nutzung aufgegeben und damit verschwinden wiederum spezifische wertvolle Lebensräume. "Die Restlebensräume sind zu klein und zu isoliert", sagt Habel. Abwanderung ist keine Option: Die homogenen Landschaften sind zu groß und wirken wie Barrieren.

Es sind vor allem die Spezialisten unter den Schmetterlingen die darunter leiden: Der Perlmutt-Falter etwa lebt eigentlich auf Feuchtwiesen und braucht im Larvenstadium den Wiesenknöterich, eine Pflanze, die es nur auf Feuchtwiesen gibt. "Viele solche Flächen wurden in den letzten Jahrzehnten entwässert und nach der Entwässerung aufgeforstet oder umgebrochen und für den intensiven Ackerbau umgewandelt", so Habel. "Diese Blumenwiesen gibt es in unserer Landschaft so gut wie nicht mehr." Auch die Aufgabe von landwirtschaftlichen Flächen kann zu einem Problem für die Artenvielfalt werden, wie die Studie zeigt. Zwar ist Artenvielfalt in den höheren Lagen deshalb (noch) vergleichsweise größer, weil diese Regionen für eine intensive Landwirtschaft unattraktiv sind, aber die Nebenwirkungen der Intensivvierung sind auch hier spürbar, wenn etwa Almen aufgegeben werden müssen und verwalden, weil sich die Bewirtschaftung nicht mehr lohnt.

Das prominenteste Opfer ist hier wohl der Alpen-Apollo, ein auffälliger weißer Schmetterling mit roten Punkten, der als Raupe eine typische Alm mit Vorkommen der Weißen Fetthenne (Sedum album) braucht. Werden Almen aufgegeben, verwalden sie werden forstwirtschaftlich oder gar nicht mehr genutzt.

Habel untersucht derzeit ein weiteres Phänomen: Wo es noch Almen gibt, werden sie zunehmend von anderem Almvieh beweidet. Diese Hochleistungsrinder sind ertragreicher, sie liefern mehr Milch beziehungsweise Fleisch, aber sie sind auch schwerer und weniger gebirgstauglich. Sie tendieren dazu, die ganz steilen Hänge auszulassen und sammeln sich am Fuß der Hänge, wo sich in Folge Nährstoffe anreichern und den eigentlich mageren Almwiesen den Garaus machen.

Das Verschwinden der Schmetterlinge ist ein Warnsignal: "Sie sind Indikatoren dieser ökologischen Krise." Ihr Verlust zieht mannigfaltige Probleme nach sich: vom Aussterben der Vögel angefangen bis hin zum Verlust unserer Lebensgrundlage.