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Warum die Gelsen heuer später kommen

Wissen

Den Stechmücken war der Frühling zu kalt. Sie starten - wenn überhaupt - vergleichsweise spät in die Saison.


Nie unter 20 Grad: Die Hitzewelle brachte Österreich in der Nacht auf Freitag gleich an mehreren Orten eine tropische Nacht. Auch in der kommenden Woche sollen die Nachtstunden warm ausfallen. Glücklicherweise können die Fenster weit offen bleiben, ohne dass wir unablässig gebissen werden. Denn anders als in den Vorjahren haben die Gelsen im heurigen Juni Pause.

Den Stechmücken war der Frühling zu kalt. Sie starten vergleichsweise spät in die Saison. Stechmückenforscher Hans-Peter Führer von der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmed) Wien erwartet "ein durchschnittliches Gelsenjahr", wie er im Sender "Ö1" ausführt, eine präzisere Prognose hänge jedoch von der Wetterentwicklung ab. "Wenn es trocken und heiß ist, ist das für Stechmücken zwar kurzfristig nett, aber längerfristig nicht gut. Nur wenn es feucht und warm ist, haben sie es gern und vermehren sich stark", sagt Führer.

In Österreich raubt uns die Hausgelse am häufigsten den Schlaf. "Im Gegensatz zu früheren Jahren registriert der Stechmückenmonitor der Stadt Wien ein sehr geringes Aufkommen heimischer Gelsenarten", heißt es auch in einer Aussendung der Bundeshauptstadt.

Damit das Gelsen-Auskommen gering bleibt, könne man einer Verbreitung entgegenwirken. Eine der wichtigsten Maßnahmen gegen die Gelsenplage sei etwa, die Brutplätze zu reduzieren. Auf öffentliche Grünflächen, in privaten Gärten oder auf begrünten Balkonen können überall kleinste Wasseransammlungen in Topfuntersetzern, Abdeckplanen oder Regentonnen zu Brutstätten werden. "Wichtig ist, regelmäßig das Wasser an diesen Stellen zu entfernen, sodass sich erst gar nicht Gelsen aus den Larven entwickeln können", rät Sabine Walser von der Landessanitätsdirektion.

Seit vier Jahren erhebt die Veterinärmedizinische Universität Insektendichte, Virenbelastung, Temperaturentwicklung und Mückenart von Mai bis September und wertet die Daten monatlich aus. "Ziel ist es, möglichst früh die Entwicklung von virenbelasteten Populationen zu erkennen und das Übertragungsrisikos abzuschätzen", betont die Stadt Wien, die darin einen wesentlichen Beitrag sieht, um die Ankunft von invasiven Arten frühzeitig zu erkennen.

Ein Moskito mit dem Fachnamen Aedes aegypti etwa gilt als einer der effizientesten Killer unter den Mücken. Die ägyptische Stechmücke überträgt tropische Krankheiten, wie etwa Gelbfieber und Zika. Sie hat eine fast unheimlich erscheinende Fähigkeit, sich an die Umwelt anzupassen und neue Chancen zu nutzen, die sich durch Reisetätigkeit und Städtewachstum ergeben. Die stechenden Weibchen legen in mehreren Schüben je 100 bis 200 Eier nach jeder Blutmahlzeit. Ihre Larven finden sich überall, sogar in Plastikbechern, Schraubverschlüssen gefunden, Friedhofsvasen oder gar Spülkästen von Toiletten.

Auch die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus gilt als gefährlich, zumal sie Chikungunya-, und Dengue-Viren überträgt und im Gegensatz zu heimischen Gelsenarten auch tagsüber aktiv ist. "Derzeit besteht allerdings kein Ansteckungsrisiko durch Tigermücken, da die Viren hier nicht endemisch auftreten und die Tigermücke nur über den Stich beim Menschen das Virus aufnimmt", betonen die Experten der Vetmed. Die asiatische Tigermücke gelangt vor allem mit Gütertransporten nach Europa. Aus Südeuropa werden erwachsene Tiere und Eier in Autos und Lastwagen nach Norden transportiert. Aufgrund dieses Verbreitungswegs wurde Aedes albopictus während der vergangenen Jahre in Österreich, Deutschland und der Schweiz insbesondere entlang von nach Südeuropa führenden Autobahnen gefunden.

Wenn das Wetter so bleibt, wie es ist, bleibt uns vorerst jedoch das schneidende Summen der Steckmücken erspart. Und mit ihm die juckenden Bisse.(est)