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Wie die Erde Stein recycelt

Von Alexandra Grass

Wissen

Tief im Erdmantel verändert sich das Material und fördert die Bildung von Bergen und Vulkanen.


Berge, Vulkane und Erdbeben sind der Ausdruck von Prozessen, die tief im Inneren unseres Planeten ablaufen. Wie auf einem Förderbandsystem, das Plattentektonik genannt wird, wird alte Erdkruste unter die Kontinente und in den Erdmantel zurückgeschoben. Dort verändern sich die Mineralien in den Gesteinen. Forscher der University of Utah haben nun gezeigt, dass eines dieser Mantelminerale zu den schwächsten im Erdinneren gehört und maßgeblich den Recyclingprozess in Gang bringt.

Die Erdkruste besteht aus Platten, die unserer Wahrnehmung nach unbeweglich und ewig zu sein scheinen. Die Platten, die unter den Ozeanen liegen, beginnen als Magma, das in der Mitte der Platte an einer Stelle aufsteigt. Dieses Magma verwandelt sich in Basalt - ähnlich dem schwarzen vulkanischen Gestein, das wir aus den hawaiianischen Vulkanen sprudeln sehen, schreiben die Forscher um den Geologen Lowll Miyagi im Fachblatt "Nature".

Während das Magma aufsteigt, dehnt sich die Platte aus und schiebt die ältere Basaltkruste an den Rand. Jede dieser Platten stößt auf ihre Nachbarn, und dabei wird die Ozeankruste in den Erdmantel gedrückt. Diesen Vorgang nennt man Subduktion.

Hinweise auf das Schicksal dieser recycelten Kruste erhalten die Forscher durch seismische Wellen, die durch Erdbeben erzeugt werden und sich durch das Erdinnere bewegen. "Es ist ein bisschen so, wie wenn man zum Arzt geht, um ein Baby mittels Ultraschall zu untersuchen", erklärt Miyagi. "In diesem Fall sind die Wellen größer und das Baby (die Erde) ist größer."

Flüchtiges Davemaoit

Unter dem Pazifischen Ozean sind die Wissenschafter auf Wellen gestoßen, die eine Veränderung im Material erahnen lassen. Sie gehen davon aus, dass es sich um das Mineral Davemaoit handelt, das den Erdmantel in seiner Beweglichkeit verändert.

Absinkende Gesteinsplatten sind mit bis zu 30 Prozent reich an Davemaoit, während der Rest des Erdmantels nicht viel davon enthält. Obwohl es wichtig ist, die mechanischen Eigenschaften des Minerals zu kennen - etwa wie es sich im Erdmantel verbiegt oder dehnt -, um zu wissen, wie die Erde Material von der Oberfläche in das tiefe Innere recycelt, ist es schwer zu untersuchen.

"Das Mineral muss bei hoher Temperatur und hohem Druck hergestellt werden und kann bei Raumdruck nicht überleben", erklärt der Forscher. "Nimmt man den Druck und die Temperatur weg, wird es zu Glas." Das einzige bisher an der Oberfläche gefundene Davemaoit, über das im Jahr 2021 berichtet worden war, war in einem Diamanten eingeschlossen, der den hohen Druck aufrechterhielt, der nötig ist, um seine Struktur zusammenzuhalten.

Dennoch ist es dem Team gelungen, die mechanischen Eigenschaften von Davemaoit zu untersuchen. Die Forscher setzten pulverisiertes CaSiO3 (das Mineral Wollastonit) zwischen zwei Diamantambossen derart unter Druck und erhitzten es, sodass sie die atomare Struktur des entstandenen Kristalls analysieren konnten.

Dabei fanden sie heraus, dass Davemaoit etwa 1.000 Mal weicher ist als der übrige Erdmantel. "Wenn der Erdmantel Erdnussbutter ist, dann ist Davemaoit Ahornsirup", beschreiben die Forscher die Viskosität des Minerals. "Und jeder, der sich beides auf seine Pancakes schmiert, weiß, dass der Unterschied zwischen den beiden sehr groß ist."

Die Rätsel im Erdinneren

Bei einer Felsplatte, die in die Erde sinkt, wirkt dieser Unterschied sehr stark. In einer Tiefe von etwa 550 Kilometern bilden Temperatur und Druck in einem großen Teil der Platte das Mineral, wodurch sie plötzlich sehr schwach wird. "Diese schwachen Teile könnten sich dann vom Rest der Platte ablösen und in den Erdmantel fallen", so Miyagi.

Dort könnten sich sogenannte Provinzen mit niedriger Schergeschwindigkeit bilden - das sind charakteristische Strukturen von Teilen des untersten Erdmantels -, wo sich das Gestein auftürmt. Diese Bewegungen im Inneren verursachen schließlich so großräumige Prozesse wie die Plattentektonik, Erdbeben oder Vulkane. Um das zu verstehen, sei es nötig, die Eigenschaften der Mineralien im Erdinneren weiter zu erforschen, so die Wissenschafter.