Sandstaub überall: Das James-Webb-Teleskop hat auf  dem Exoplaneten VHS 1256b eine Welt entdeckt, die an Tatooine aus der Star Wars-Trilogie erinnert.

Tatooine ist ein fiktiver Wüstenplanet, der im entfernden Äußeren Rand-Territorium das Zwillingssonnenpaar Tatoo 1 und 2 umkreist. Abseits der wichtigsten Handelsrouten ist er ein Refugium für Schmuggler und Kriminelle, die nicht gefunden werden wollen. Der Heimatplanet von Anakin Skywalker und seinem Sohn Luke Skywalker war bis zu seiner Austrocknung von Meeren und Ozeanen überzogen. Im Laufe der Zeit dörrten seine heißen Heimatsterne ihn zu einer Wüstenwelt aus.

Ähnliche Eigenschaften scheint VHS 1256b zu haben. Allerdings wären die Sandstürme auf Tatooine eine mit Sicherheit angenehmere Erfahrung als die auf seinem echten Gegenstück, wo winzige, aber extrem heiße Silikatstaubkörner herumwirbeln, die auch als heftige Regengüsse herabfallen können. Die Wolken jagen auf und ab, vermischen und bewegen sich, wodurch wie in einem endzeitartigen Sturm heißes Material nach oben und kaltes Material nach unten gedrückt wird.

Sternenartiger Gasriese

Ein weiterer Unterschied zu Tatooine ist, dass man auf VHS 1256b nicht herumgehen könnte. Er ist ein  Brauner Zwerg - also ein sternenartiger Gasriese, der sich nicht vollständig entzündet hat. Schon zuvor wurden Silikatwolken um Braune Zwerge nachgewiesen, hier jedoch erstmals um ein Objekt von der Größe eines Planeten. Das James Webb-Teleskop machte die Entdeckung mit dem Instrument Miri im mittleren Infrarot-Bereich und mit dem Nahe-Infrarot-Spektrometer NirSpec. Das berichtet das internaitonale Forschungsteam im Fachmagazin "The Astrophysical Journal Letters".

Die Stürme auf VHS 1256b reichen an die Temperatur einer Kerzenflamme heran, was etwa 1000 Grad Celsius entspricht. "Die feineren Silikatkörnchen könnten Rauchpartikeln ähneln", erklärt Koautorin Beth Biller von der University of Edinburgh. "Die größeren Körnchen erinnern dagegen eher an sehr heiße, kleinen Sandkörnchen." Die Staubwolken würden durch die Turbulenzen und Konvektionsströme in der Gashülle des Himmelskörpers auf- und abgewirbelt.

Die daraus resultierenden Helligkeitsschwankungen sind laut den Forschern so dramatisch, dass es sich um das variabelste Objekt mit Planetenmasse handle, das bisher bekannt ist. Das Team unter der Leitung von Brittany Miles von der University of Arizona konnte in den Daten der Nasa auch Wasser, Methan, Kohlendioxid und Kohlenmonoxid nachweisen. Es sei die größte Menge an verschiedenen Molekülen, die auf einem Planeten außerhalb unseres Sonnensystems entdeckt worden sei, berichten Miles und ihr Team.

40 Lichtjahre entfernt

Den Analysen zufolge gibt es demnach in der Atmosphäre von VHS 1256 b ausgedehnte Wolken aus Quartz, Silikat/Enstatit und Eisen. Sie bilden die  Mischung aus feineren und gröberen Sandkörnchen.

VHS 1256b ist etwa 40 Lichtjahre von der Erde entfernt. Er umkreist seine beiden Heimatsterne in einem Zeitraum von 10.000 Jahren. Der Exoplanet ist etwa vier Mal weiter von seinen Sternen entfernt als Pluto von unserer Sonne, "was ihn zu einem großartigen Ziel für Webb macht", sagt Miles. "Das bedeutet, dass sich das Licht des Planeten nicht mit dem Licht seiner Sterne vermischt." Weiter oben in der Atmosphäre, wo die Silikatwolken aufgewirbelt werden, erreichen die Temperaturen glühende 830 Grad Celsius.

Ein Grund für die Turbulenz des Himmels über dem Exoplaneten ist seine Jugend. Seit seiner Entstehung sind erst 150 Millionen Jahre vergangen. Er wird sich laut den Forscherinnen über die Jahrmilliarden weiter verändern und abkühlen. Der Himmel über ihm könnte sich dann von bewölkt zu klar verändern.

Das James-Webb-Space-Teleskop (JWST) ist der Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops und seit Dezember 2021 im Einsatz. Für die nächsten 15 bis 20 Jahre wird es voraussichtlich seinen Dienst tun. Das dahinterstehende Forschungsprojekt entstand durch ein Joint Venture der US-amerikanischen, europäischen und kanadischen Raumfahrtagenturen.