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Auf der Suche nach Leben im All

Von Eva Stanzl

Wissen

Suche nach Spuren im Licht könnte den Beweis schon ab 2018 bringen.


"Wiener Zeitung":Sie sind eine der wenigen österreichischen Astrophysikerinnen in der internationalen Spitzenforschung. Wie kamen Sie auf die Idee, nach außerirdischem Leben zu suchen?Lisa Kaltenegger: In der Schule interessierten mich viele Dinge, sodass ich im ersten Semester meines Studiums viele Vorlesungen besuchte: technische Physik, Astronomie, Film- und Medienkunde, Übersetzung ins Spanische und Betriebswirtschaftslehre mit Japanisch. Astronomie und Biophysik blieben übrig, weil sie erklären, wie die Welt funktioniert. Während des Studiums war ich in Korsika auf einer Konferenz über Exoplaneten, als man diese zu suchen begann. Das faszinierte mich wahnsinnig, und da man es damals in Österreich nicht machen konnte, ging ich für meine Dissertation nach Spanien, für mein Doktorat in die Niederlande und für meinen Post-Doc in die USA.

Nachwuchsforscherin Lisa Kaltenegger untersucht die Atmosphären fremder Planeten.
© HdA

Was genau ist ein Exoplanet?

Ein extrasolarer Planet kreist nicht um die Sonne, sondern um einen anderen Stern. Es ist also jeder Planet außerhalb unseres Sonnensystems. Wir haben bisher 800 davon als Exoplaneten charakterisiert, und mehr als 2000 sind derzeit in der Warteschleife, um untersucht zu werden.

Aber es werden ständig neue Galaxien entdeckt. Müsste es nicht noch viel mehr Exoplaneten geben?

Erste Ergebnisse zeigen, dass etwa jeder zweite Stern mindestens einen Planeten hat, und es gibt Milliarden von Sternen allein in unserer Galaxie sowie Milliarden von Galaxien im All, von denen wir nur die hellsten sehen können. Ein Exoplanet ist allerdings winzig im Vergleich zu einem Stern. Je weiter weg er ist, desto schwieriger ist er zu entdecken. Wir können daher derzeit nur Planeten in Sonnennähe in unserer Galaxie charakterisieren.

Wie charakterisieren Sie Planeten?

Die Transitmethode verrät uns die Größe. Derzeit untersucht das Kepler-Teleskop der Nasa rund 150.000 Sterne auf diese Weise. Es beobachtet Planeten, die sich zwischen die Erde und ihren Stern schieben - also Planetentransits vor Sonnen. Wenn sich der Stern periodisch verdunkelt, kreist etwas um ihn. Je mehr sich vom Stern verdunkelt, desto größer ist der Planet.

Die Doppler-Methode verrät etwas über die Masse. Kreisende Planeten haben eine Anziehungskraft auf ihre Sonne. Der Planet zieht den Stern an, ähnlich wie wenn Sie etwas Schweres halten und sich dann um die eigene Achse drehen: Dann zieht das Schwere an Ihrem Arm - zum Ausgleich lehnen Sie sich beim Drehen zurück. Auch der Stern macht eine Ausgleichsbewegung. Die kann man messen, daraus die Gravitation des Planeten errechnen und daraus seine Masse. Anhand von Größe und Masse errechnen wir schließlich die mittlere Dichte des Planeten. Somit wissen wir, ob er gasförmig ist oder ein Stein wie die Erde. Wenn wir ein Riesen-Wasserbad hätten, würde die Erde hineinsinken und der Gasplanet Saturn darauf schwimmen, weil seine mittlere Dichte kleiner ist als jene von Wasser.

Woraus schließen Sie, dass es Leben auf einem anderen Planeten gibt?

Wir beobachten die Atmosphäre des Planeten. Biologen gehen davon aus, dass es für Leben, wie wir es kennen, eine feste Oberfläche, Sauerstoff oder Ozon mit Methan und Wasser geben muss. Leben produziert dann Gase, die wir entdecken können: Sauerstoff mit Methan zeigt auf der Erde Lebensspuren an. Gemeinsam mit Wasser ist das der spektrale Abdruck von Leben, nach dem wir suchen.

Wenn sich ein kleiner Planet wie die Erde vor einen Stern schiebt, können wir jedoch mit derzeitigen Teleskopen seine Atmosphäre nicht anschauen, weil sie zu dünn ist, um genug Licht für Messungen einzufangen. Erst mit dem James-Webb-Teleskop wird das ab 2018 möglich sein. Derzeit sind die Planeten, deren Atmosphären wir charakterisieren, größer als die Erde und vorwiegend heiße Gasplaneten.

Wenn ein Planet sich vor seine Sonne schiebt, filtert seine Atmosphäre einen Teil des Sonnenlichts. Wir fangen das gefilterte Licht ein, spalten es in seine Lichtfarben auf wie bei einem Regenbogen und schauen uns die Intensität der einzelnen Farben an. Wenn alle die gleiche Intensität haben, trägt die Atmosphäre keine Hinweise auf Leben. Man muss sich das so vorstellen: Die Moleküle um Sie herum schwingen und rotieren.

Werden sie mit Licht bestrahlt, nehmen sie dessen Energie auf, die sie zum Schwingen anregt. Die Energie des aufgenommenen Lichts fehlt dann aber beim Durchgang durch die Atmosphäre - was die Lichtfarben stellenweise an Intensität verlieren lässt. Diese "Spuren" zeigen, dass dort die Energie fehlt, weil sie von einem Wasser-, Methan- oder Ozon-Molekül absorbiert wurde. Somit wissen wir, welche Moleküle in der Planeten-Atmosphäre sind. Erstaunlich, oder?

Warum fliegen wir dann zum Mars und buddeln?

Weil es in der Mars-Atmophäre keine Spuren von Leben gibt. Da wir in der Lage sind, zum Mars zu fliegen, können wir sagen: Vielleicht finden wir wenigstens Fossilien von vergangenem Leben, oder es gibt dort Leben das Spuren erzeugt, die wir von hier aus nicht eindeutig erkennen können.

Natürlich werden auf Exoplaneten durchaus Spuren von Leben mit diesen harten Kriterien auch übersehen - wie Methan und Kohlendioxid, die auch alleine von Bakterien oder durch die Geologie erzeugt werden können und somit keine eindeutigen Hinweise sind. Doch um zu vermeiden, dass wir glauben, etwas gefunden zu haben, was es gar nicht gibt, müssen wir mit eigentlich ganz konservativen, rigiden Kriterien arbeiten: Sauerstoff oder Ozon mit Methan und Wasser in der Atmosphäre sind Hinweise auf Leben.

Müssen daraus Menschen, Tiere und Pflanzen entstehen?

Soweit wir wissen nicht, herauskommen kann auch etwas ganz anderes. Biologen gehen davon aus, dass Sauerstoff sehr hoch entwickeltes Leben ermöglicht, aber wie es genau aussieht, ist eine andere Frage.

Bis wann könnten wir Leben auf anderen Planeten finden?

Wir haben bereits die ersten felsartigen Planeten gefunden und die ersten im richtigen Abstand zu ihrer Sonne für flüssiges Wasser. Wenn ein Planet in der Nähe unserer Sonne Leben hätte, könnten wir das wohl 2018 mit dem James-Webb-Teleskop nachweisen. Was für mich wahnsinnig spannend ist. Deswegen arbeite ich daran.

Zur Person
Lisa Kaltenegger, geboren 1975 in Kuchl bei Salzburg, ist Astrophysikerin am Max-Planck- Institut für Astronomie in Heidelberg und Dozentin an der Universität Harvard. Die Trägerin des "Heinz-Maier-Leibnitz-Preise 2012" gilt als eine der produktivsten jungen Wissenschafterinnen der modernen Astrophysik.