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Und weiter leiden die Wälder

Von Heiner Boberski

Artenschutz
Monterey-Kiefer: Sie ist sehr wichtig für das Klima.
© wikimedia/Dreger

Eine "Auslöschungskrise" gefährdet Leben auf der Erde, sagt Expertin.


Wien. 70.294 Arten, um 4807 mehr als bisher, stehen auf der neuen Roten Liste gefährdeter Tier- und Pflanzenarten der Weltnaturschutzunion IUCN. 20.934 davon gelten als akut vom Aussterben bedroht. "Das Gesamtbild ist alarmierend", sagt Jane Smart, IUCN-Direktorin im Bereich Artenvielfalt. Sie begrüßt, dass dank der Roten Liste mehr Information als je zuvor über den globalen Zustand der Biodiversität vorliegt, fügt aber sofort hinzu: "Wir müssen dieses Wissen voll ausschöpfen, damit unsere Anstrengungen für den Artenschutz möglichst gezielt und effizient erfolgen, wenn es uns ernst damit ist, die Auslöschungskrise zu stoppen, die anhaltend alles Leben auf der Erde bedroht."

Besondere Sorgen machen sich die Naturschützer um die Nadelhölzer. Seit der letzten vollständigen Erfassung im Jahr 1998 ist der Grad ihrer Gefährdung um 4 Prozentpunkte auf nunmehr 34 Prozent gestiegen. Das bedeutet, dass weltweit ein Drittel der Zedern, Zypressen und Kiefern vom Aussterben bedroht ist. Der Status von 33 Koniferenarten hat sich verschlechtert, darunter auch jener der wegen ihres schnellen Wachstums geschätzten und weit verbreiteten kalifornischen Monterey-Kiefer (Pinus radiata).

Es gibt mehrere Ursachen für die Gefährdung der Nadelhölzer. Ein Faktum ist etwa die Zunahme von Krankheiten wie zum Beispiel der Dothistroma-Nadelbräune, die von zwei Mikropilzen hervorgerufen wird. Neben kleinen und winzigen Schädlingen können auch wilde Ziegen zum Schwinden von Baumbeständen beitragen - oder übermäßiges Abholzen durch den Menschen. So ist auch die in Algerien und Marokko beheimatete Atlas-Zeder (Cedrus atlantica) zu einer gefährdeten Art geworden. Dabei sind gerade Nadelwälder für das Klima äußerst wichtig. Laut IUCN lagern sie dreimal mehr Kohlenstoff ein als die Regenwälder. Zu den Koniferen zählen die ältesten und größten Organismen, etwa die Langlebige Kiefer (Pinus longaeva), von der man 2012 ein 5062 Jahre altes Exemplar entdeckt hat, oder der bis zu 110 Meter hohe Küstenmammutbaum (Sequoia sempervirens).

Manche Nadelholzsorten gehen durch Abholzung verloren, ehe die IUCN sie überhaupt auflisten könne, befürchtet der IUCN-Koniferenexperte Aljos Farjon. Er kann aber auch auf eine Art verweisen, die sehr gefährdet war, deren Status sich aber durch Schutzmaßnahmen in Kalifornien und Oregon deutlich verbessert hat: Lawsons Scheinzypresse (Chamaecyparis lawsoniana). Solche Resultate seien ermutigend, aber "natürlich nicht genug".

Ausgestorbene Tiere

Auf der knapp 800 Arten umfassenden Liste jener Tiere, welche die IUCN als ausgestorben betrachtet, stehen neuerdings der Wüstenkärpfling (Cyprinodon arcuatus), eine als Kapverdischer Riesenskink bekannte Echse (Chioninia coctei) und eine Süßwasser-Garnelenart (Macrobrachium leptodactylus).

Da die Bestände in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen sind, gelten einige Tiere nun als extrem gefährdet, zum Beispiel ein Schwein namens Weißbartpekari (Tayassu pecari), dessen Population in Costa Rica und Mexiko um über 80 Prozent geschrumpft ist. Auch die Jangtse-Schweinswale, die im gleichnamigen chinesischen Fluss und zwei angrenzenden Seen leben, sind vom Aussterben bedroht. Gab es 2006 noch 1800 dieser Süßwasserwale, die Säugetiere sind, so sinkt ihre Zahl seither rasch - verursacht durch illegales Fischen, intensiven Schiffsverkehr und Verschmutzung.

Erstmals hat die Rote Liste auch die globalen Bestände von Süßwassergarnelen erfasst, von denen 28 Prozent als bedroht gelten. Zehn Prozent werden als Lebensmittel verkauft, darunter vor allem Rosenberggarnelen (Macrobrachium rosenbergii), die in der Süßwasser-Nahrungskette von Bedeutung sind.

In Österreich sind laut dem 10. Umweltkontrollbericht 40 Prozent aller Pflanzenarten gefährdet, in der Fauna sämtliche Arten von Lurchen und Kriechtieren.