Höhen und Tiefen
Kometen sind für die Wissenschaft so interessant, weil das Material, aus dem sie bestehen, seit der Geburt unseres Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren nahezu unverändert geblieben ist. Die Mission aber wiederlegt jedoch eine Vermutung, wonach Asteroiden, Kometen und Planeten durch die Kollision und das Zusammenwachsen von Staubpartikeln und -brocken zu immer größeren Objekten wurden. So hat das Massenspektrometer Rosina die chemische Zusammensetzung von Tschuris Ausdünstungen auf dem Weg zur Sonne analysiert. Es zeigte sich, dass der Komet nicht aus großen, massiven Gesteinsbrocken besteht, sondern aus kleineren Körnern, die wieder aus noch kleineren Partikeln zusammengesetzt sind. "Der Komet ist sehr porös, zu 75 Prozent besteht Tschuri aus Nichts. Das Ganze wird nur durch schwache Kräfte zusammengehalten", erklärt die Schweizer Astrophysikerin Kathrin Altwegg: "Es können bei Tschuris Entstehung keine großen Kollisionen im Spiel gewesen sein."
Die zwölf Jahre lange Mission war von Höhen und Tiefen geprägt. Detailreiche Bilder der Landschaft des vier Kilometer langen Kometen ließen den Atem anhalten: Mit seinen schroffen Klippen, Staubfontänen und tiefen Löchern entpuppte er sich als vielfältige, bizarre Welt. Der Roboter Philae legte jedoch eine ungeplant holprige Landung hin und konnte nur 60 Stunden lang Daten erheben. Lange wusste man nicht, wo die Landeeinheit zum Liegen gekommen war. Schließlich wurde Philae auf Bildern einer hochauflösenden Kamera in einem Spalt entdeckt, wo keine Sonne hinkommt, die die Batterien hätte aufladen können.
Die Forscher am Grazer IWF waren an der Entwicklung und dem Bau mehrerer Instrumente beteiligt. Unter ihrer Federführung entstand etwa das Instrument Midas, das mit Hilfe eines Rasterkraftmikroskops den Kometenstaub analysierte, um dreidimensionale Bilder von Kometenpartikeln im Nanometerbereich zu erstellen.
"Um herauszufinden, wie Kometen entstanden sind, wollen wir die Struktur der Körner erforschen und verstehen, wie diese gebildet wurden", erläutert Mark Bentley, wissenschaftlicher Leiter von Midas. Ihre Form und Struktur reicht von mikroskopischen Körnchen bis zu größeren, lockeren Agglomeraten, die unterschiedlich alt zu sein scheinen. Das Ende der Messungen sieht Bentley gelassen: "Jetzt haben wir Zeit, um die Messergebnisse auszuwerten und zu vergleichen. Es könnte sein, dass wir daran noch zehn Jahre arbeiten." Bevor Rosetta auf dem Kometen aufprallt, drehen die Forscher im ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt die Geräte ab. Danach gibt es keinen Kontakt. "Es ist ein vernünftiges Ende", sagt Baumjohann. Denn der Komet, der sich nun von der Sonne entfernt, ist wieder ein Eisbrocken.