Wien/Triest. Durch Überdüngung kann es in Meeren dazu kommen, dass an einigen oftmals als "Todeszonen" bezeichneten Stellen kaum mehr vielzellige Lebewesen anzutreffen sind. Solche Sauerstoffkrisen dürfte es in der Adria aber auch schon in Zeiten gegeben haben, in denen der Einfluss des Menschen noch nicht so groß war, berichten Wiener Forscher im Fachblatt "Geology".

Vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts traten solche Krisen in der Nordadria häufig auf. Wie es dazu kommt, ist gut untersucht. Zur sogenannten Eutrophierung kommt es durch vom Menschen verursachten Nährstoffüberschuss - etwa durch Eintrag von Düngemitteln oder Abwässer von größeren Städten. Das führt zu einer Algenblüte und in weiterer Folge zum "Meerschnee", der aus einer Mischung aus abgestorbenen Algen und organischen Zerfallsprodukten besteht. Solche Ereignisse schädigen das marine Ökosystem massiv.

Im Gegensatz zu den Ursachen und Auswirkungen dieser vom Menschen geprägten Krisen, sei über ältere ähnliche Ereignisse und die Rolle, die Klimaschwankungen dabei spielen, bisher wenig bekannt. Ein Team um den Paläontologen Martin Zuschin von der Uni Wien hat bei einem Forschungsprojekt im Golf von Triest in elf Metern Wassertiefe Bodenproben entnommen. Die Ablagerungen in den etwa eineinhalb Meter langen Sedimentkernen reichten etwa 500 Jahre zurück.

Maritimer Überlebenskünstler

Als Indikator für das Vorhandensein solcher Todeszonen fungierte bei den Untersuchungen die Körbchenmuschel (Corbula gibba). Diese ist ein maritimer Überlebenskünstler, der bei Sauerstoffmangel seine Klappen dicht schließt und auf sauerstofflosen Stoffwechsel umschalten kann. Das lässt die Tiere gut durch solche Krisen tauchen. "Dadurch dass wir Schwankungen im Auftreten dieser Muschelart nachweisen konnten, war es möglich, die Zeiträume der Sauerstoffkrisen zu dokumentieren", so Zuschin.

Tatsächlich erkannten die Forscher, dass die Muscheln 1980, 1890, 1810 und 1780 sehr häufig waren. Diese guten Jahre für Corbula gibba waren aber nicht an vom Menschen verursachte Eutrophierung gebunden, sondern stimmen mit Wassertemperaturschwankungen überein, die aus anderen Gebieten der Adria bekannt waren. Gerade höhere Temperaturen führen zu einer Abnahme des Sauerstoffs in Bodennähe und zur stärkeren Bildung von Meeresschnee.

Die nunmehrigen Ergebnisse bedeuten aber nicht, "dass vom Menschen verursachte Eutrophierung keine Bedeutung für Sauerstoffkrisen hat, sondern vielmehr, dass das unaufhaltsame Ansteigen der Temperaturen in den nächsten Dekaden die tödlichen Effekte der Überdüngung sogar noch steigern kann", so Zuschin.