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Asteroiden brachten Wasser

Von Roland Knauer

Wissen

Matschkugeln im Weltraum: Einst halbflüssige Asteroiden waren wohl Wasser-Lieferanten der Erde.


Perth/Tucson/Berlin. Die meisten Asteroiden in unserem Sonnensystem sind vermutlich aus einer Art kosmischer Matschkugeln entstanden. Der Großteil des auf der Erdoberfläche als Ozeane, Eiskappen, Flüsse und Seen vorhandenen Wassers kam offenbar mit diesen Asteroiden auf unseren Planeten. Diese These unterbreiten Philip Bland von der Curtin University of Technology im australischen Perth und Bryan Travis vom Planetary Science Institute in Tucson im US-Bundesstaat Arizona in der Fachzeitschrift "Science Advances".

Wasser ist die Grundlage des Lebens. Experten gehen davon aus, dass kleine Himmelskörper, wie Asteroiden oder Kometen, es auf die Erde gebracht haben müssen. Allerdings konnte die europäische Kometenmission "Rosetta" bereits belegen, dass das Wasser in Kometen eine andere Signatur hat als das irdische. Bland und Travis sind der Ansicht, dass unter anderem wir Menschen unsere Existenz dem Weltraum-Schlamm verdanken, aus dem sich die Asteroiden bildeten.

Radioaktive Heizung

Die untersuchten Asteroiden gelten als übrig gebliebenes Rohmaterial aus der Entstehung von Gesteinsplaneten. Vor 4,6 Milliarden Jahren bildete sich das Sonnensystem. Damals ballten sich in der Umgebung der gerade entstehenden Sonne unzählige Brocken aus Weltraum-Staub zusammen. Sie verschmolzen zu größeren Gebilden, die schließlich zu den heutigen Planeten Erde, Venus und Mars heranwuchsen. Nur Wasser gab es damals wenig, weil die heißen Sonnenstrahlen das im Bereich der Planeten durchaus vorhandene Eis verdampfen ließen. Somit füllte wohl Wasser aus weiter außen liegenden Bereichen des Sonnensystems die Ozeane - Asteroiden, die sich jenseits der Umlaufbahn des Planeten Mars zusammengeballt hatten.

Jenseits dieser "solaren Schneegrenze" strahlt die Sonne schwächer. Das Eis verdampfte kaum und wurde so in die dort entstehenden "kohligen Chondrite" mit eingebaut. Einige dieser Asteroiden landen noch heute als Meteoriten auf der Erde und liefern Forschern wichtige Erkenntnisse: "Das Wasser in diesen kohligen Chondriten ähnelt dem Wasser auf der Erde sehr", erklärt Mario Trieloff, Astrochemiker der Universität Heidelberg. Der Verdacht fällt also auf die kohligen Chondrite als Quelle: Diese Asteroiden sind heute feste Gesteinsbrocken, die zum Teil mehr als zehn Prozent Wasser enthalten. "Das reicht für Ozeane und Eisschilde auf der Erde", so Trieloff.

Als diese Asteroiden entstanden, gab es in ihrem Inneren auch das radioaktive Aluminium-26, das im Sonnensystem damals reichlich vorhanden war. Diese Radioaktivität heizte das Eis weit genug auf, um es zu schmelzen. Die kohligen Chondrite wurden zu einer Mischung aus Wasser und festen Gesteinskörnchen, die gemeinhin als "Schlamm" bezeichnet wird.

Jenseits des Mars kreisten damals also Schlammbälle um die Sonne, von denen einige mehr als 100 Kilometer Durchmesser hatten, haben Bland und Davis mit Computermodellen berechnet. Erst als die radioaktive Heizung nach einigen Millionen Jahren ausging, erstarrten diese Asteroiden zu den kohligen Chondriten, die Mario Trieloff heute untersucht. Einige von ihnen gerieten später auf Abwege und stießen mit der Erde zusammen.

Geschosse aus dem All

Als Mitbringsel brachten sie nicht nur Wasser, sondern auch eine Reihe von weiteren Elementen, wie Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel, die vorher auf der jungen Erde Mangelware waren. Ohne Wasser und ohne diese Elemente hätte Leben wohl nie entstehen können. "Wir könnten unsere Existenz also durchaus gigantischen Schlammbällen verdanken, die einst jenseits des Mars um die Sonne kreisten", meint der Asteroiden-Spezialist Alan Harris vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt.

Würde heute einer der größten Asteroiden auf die Erde prallen, wäre das das Ende. 500 Kilometer-Durchmesser-Geschosse vom Kaliber Vestas oder Pappas würden beim Aufprall so viel Energie freisetzen, dass die Ozeane verkochen würden. Durch die Hitze und die kosmische Strahlung wäre unser blauer Planet sogar für die sonst so widerstandsfähigen Bärtierchen unbewohnbar, berichtet Exoplaneten-Experte Joshua Winn von der Princeton University in den "Scienctific Reports".