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Planeten, die unser Weltbild ändern

Von Eva Stanzl

Wissen

Es gibt Milliarden von Planeten allein in unserer Galaxie. Doch unter welchen Bedingungen ist Leben im All möglich?


Wien. Mehr als 3500 Exoplaneten wurden bisher entdeckt, eine zweite Erde unter ihnen aber noch nicht gefunden. Derzeit gilt der 4,2 Lichtjahre entfernte Planet Proxima-b als aussichtsreichster Kandidat, es besteht jedoch der Verdacht, dass er keine Atmosphäre halten kann. Ab morgen, Donnerstag, gibt die Exoplaneten-Forscherin Lisa Kaltenegger ein Seminar beim Forum Alpbach, in dem sie der Frage nachgeht, unter welchen Bedingungen Leben im All entstehen könnte. Der "Wiener Zeitung" gab sie erste Einblicke.

"Wiener Zeitung": Wir sind ein Staubkorn. Wir leben auf einem Planeten am Rand der Milchstraße, in der sich Millionen von Sonnensystemen bewegen, und es gibt unzählige Galaxien im All. Wie groß ist die Chance, dass sich zwei Staubkörner im Universum treffen?

Lisa Kaltenegger: Leben könnte es überall oder nirgends geben. Genau darum ist die Suche danach so spannend. Heute sind wir erstmals in der Lage, diese Suche anzutreten. So weit haben wir immerhin herausgefunden, dass jeder fünfte Stern einen Planeten hat, der wie die Erde sein könnte. Mit neuen Teleskopen können wir diese Planeten über riesige Distanzen erforschen.

Welche Teile des Nachthimmels beobachten die Teleskope?

Kepler-K2, Hubble, Trappist und MEarth suchen derzeit nach Planeten, die um Sterne am gesamten Himmel kreisen. Anfang 2018 startet die Nasa-Mission Transiting Exoplanet Survey Satellite, bei der ich mitarbeite. Sie soll die hellsten und erdnächsten Sterne systematisch nach Planeten absuchen. In Europa ist eine ähnliche Mission geplant. Plato soll 2024 starten und auch die weniger hellen Sterne beobachten.

Was wurde bisher entdeckt?

Astronomen haben mehr als 3500 Planeten um andere Sterne gefunden. Darunter gibt es ein paar Dutzend, die ähnlich viel Licht und Wärme abbekommen wie die Erde von der Sonne. Wir wissen auch, dass unser nächster Stern, Proxima Cenaturi, von einem Planeten umkreist wird, der etwas schwerer als die Erde ist, Proxima-b. In einer klaren Nacht können Sie ihn sehen.

Welcher Planet gilt als aussichtsreichster Kandidat für Leben?

Das ist die spannende Frage. Wiederum neue Teleskope werden Planeten-Atmosphären auf Zeichen von Leben analysieren. Das James Webb Space Telescope der Nasa soll 2018 ins All starten, das European Extremely Large Telescope ab 2024 von Chile aus in den Weltraum schauen.

Könnte Leben im All ganz anders sein, als wir es kennen?

Leben auf der Basis von Kohlenstoff und Wasser ist sinnvoll. Aber welches Leben sich auf einem anderen Himmelskörper entwickeln würde, wissen wir nicht. Denn wir wissen nicht einmal genau, wie die Erde funktioniert, oder ob sich das Leben hier genau gleich entwickeln würde, wenn wir die Zeit zurückdrehen könnten. Manche Forscher sind der Ansicht, es könnte sich auch ganz anders entwickeln, wenn nur eine Kleinigkeit verändert wäre. Die Entdeckung anderer erdähnlicher Planeten, die älter oder jünger sind als wir, könnte uns Einblicke geben. Vielleicht könnten wir dabei sogar einen Blick in unsere mögliche Zukunft erhaschen.

Wie leicht entsteht Leben?

Wir wissen noch nicht, unter welchen Bedingungen Leben beginnt. Vielleicht entsteht es unter den richtigen Bedingungen ganz einfach - und unter den falschen gar nicht. Forscherkollegen haben jedenfalls herausgefunden, dass sich das Leben hier auf der Erde an die widrigsten Umstände anpassen kann, sobald es einmal da ist. Ob das gleiche für extreme Bedingungen gilt, ist offen.

Der britische Physiker Stephen Hawking warnt die Menschheit davor, auf ein Signal aus dem All zu antworten: Aliens könnten uns zerstören. Teilen Sie seine Befürchtung?

Ich habe Stephen Hawking letztes Jahr getroffen und er hat tiefe, spannende Einblicke in die Kosmologie. Was jedoch viele Menschen übersehen, ist, dass es nicht darauf ankommt, ob wir Signale beantworten oder nicht. Denn wir selbst suchen nach Spuren von Sauerstoff mit einem reduzierenden Gas wie Methan in den Atmosphären anderer Planeten. Das ist die Gaskombination, deren Spuren sich seit zwei Milliarden Jahren in unserer eigenen Atmosphäre finden. Jede Spezies, die so weit entwickelt ist wie wir, kann die Spuren entdecken und uns daher seit Langem finden. Generell und praktisch stellt sich auch die Frage, warum Lebewesen von anderen Planeten daran interessiert sein sollte, uns zu zerstören. Weil sie unser Wasser und andere Ressourcen wollen? Es ist kostengünstiger, diese aus Asteroiden zu gewinnen.

Warum, denken Sie, hat uns aber in den letzten zwei Milliarden Jahren noch niemand gefunden?

Die Distanzen im Weltall sind riesig und Reisen von Lebewesen zu anderen Sternen benötigen enorme Energien und Ressourcen. Nehmen wir uns selbst: Auf der Erde müssen Menschen nur Landmassen und Ozeane überqueren und Sauerstoff macht das Reisen einfacher. Im All haben wir es dagegen bisher nur zum Mond geschafft - wir sind heute noch keine Spezies, die andere Planeten so leicht erreicht.

Was würden Sie sagen, wenn wir tatsächlich alleine wären?

Ich wäre überrascht, denn den Hochrechnungen zufolge gibt es Milliarden von Planeten um andere Sterne allein in unserer Galaxie. Wenn wir aber alleine wären, müssten wir uns fragen, was so anders an der Erde ist. Jede Erkenntnis dazu wird unser Weltbild verändern.