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Hüpfende Vielfalt

Von Alexandra Grass

Wissen
© Ruben Foquet

Forscher erstellten den größten Stammbaum der Feldheuschrecken mit Ursprung Südamerika.


College Station/La Plata/Wien.Egal ob Urwald, Gebirge oder Wüste - Grashüpfer, eigentlich Heuschrecken genannt, sind nahezu allgegenwärtig. Abgesehen von der Tatsache, dass sie mancherorts zur Plage werden können, sind sie auch ob ihrer Vielfalt die Menschheit faszinierende Lebewesen. Mehr als 26.000 ihrer Art sind über den Erdball verbreitet. Manche von ihnen können bis zu einen Meter weit springen.

Ein internationales Forscherteam hat nun anhand von Untersuchungen der am weitesten verbreiteten Art - der Feldheuschrecke (Acrididae) - herausgefunden, wie die Evolution dieser Tiere zu einer solchen Diversität kommen konnte. Zudem scheint ihr Ursprung nicht wie gedacht in Afrika, sondern in Südamerika zu liegen. Ihre Entwicklung liegt nun in der bisher größten Stammesgeschichte der Art vor.

Für ihre Studie nutzten die Forscher der Texas A&M University und des Museo de La Plata in Argentinien die DNA von 142 verschiedenen Spezies aus 22 Ländern. Mittels Genanalyse versuchten sie, herauszufinden wie diese Heuschreckenarten miteinander verwandt sind, schildert der Insektenforscher Hojun Song im Fachblatt "Insect Systematics and Diversity". Hinweise liefern die Nukleotidsequenzen im Erbgut, also die Abfolge der vier Grundbausteine Adenin, Guanin, Thymin und Cytosin. "Bei nahe verwandten Tieren finden sich Ähnlichkeiten in der Abfolge der Basen, weil sie einen gemeinsamen Vorfahren teilen", so der Experte. Bei ferneren Verwandtschaften zeigen sich im Erbgut demnach wesentlich mehr Unterschiede.

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Das Ergebnis der Forschungen ist ein Familienstammbaum der Feldheuschrecken, die den Wissenschaftern ein differenziertes Bild aufzeigen, wie sich die Tiere herausbildeten. Es zeigt, wie sich die Grashüpfer innerhalb ihrer Familie von einem Ursprung sehr verschiedenartig entwickelten. Dennoch kann kein allgemeiner Rückschluss aller Spezies auf eine einzige Herkunft gezogen werden, so die Forscher. Denn einige der Subfamilien scheinen in dem Stammbaum Parallellinien zu bilden. So etwa die Feldheuschreckenarten Catantopinae oder die Hemiacridinae. In dem von den Wissenschaftern konstruierten Geäst haben sich daher auch Gruppen zusammengefunden, die gar keine Verwandtschaft aufweisen.

Afrika nicht die Heimat

Eines zeigt die Aufgliederung besonders deutlich: Nämlich dass der gemeinsame Vorfahre der Familie der Acrididae nicht wie gedacht in Afrika, sondern in Südamerika beheimatet war. Die Forscher studierten zudem fossile Exemplare, um das Alter einzelner Familien bestimmen zu können. Dabei fanden sie heraus, dass auch die früheste abweichende Stammeslinie in Südamerika ihren Ursprung hat.

"Unser Stammbaum zeigt, dass die Feldheuschrecken im Paläozän der Erdneuzeit, vor 59,3 Millionen Jahren entstanden sind", erklärt Song. Damals waren Südamerika und Afrika zwar schon getrennte Kontinente, dennoch waren sie enger gestellt als heute. Zudem war Nordafrika mit Regenwäldern bedeckt, wie es heute etwa im Amazonas der Fall ist.

Die Forscher gehen davon aus, dass frühe Vorfahren der Acrididae vor etwa 57 Millionen Jahren den Atlantik nach Afrika überquert haben. Dort fanden die Grashüpfer-Kolonien passende Lebensräume und verstreuten sich schnell weit über Afrika bis nach Europa und Asien. Die Familie der Acrididae zählt ungefähr 6700 unterschiedliche Arten. Der Stammbaum soll in weiteren Studien ergänzt werden.