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Science Fiction im Realitätstest

Von Alexandra Grass

Wissen

Forscher bauten geräuschloses, durch Ionenwind angetriebenes Flugzeug.


Cambridge/Wien. Nahezu lautlos beschleunigt die "Enterprise" für ihre Reise durch die Galaxie auf Warp-Geschwindigkeit, um mit einer verblüffenden Leichtigkeit durch die Raumzeit zu gleiten. Dabei drehen sich weder Propeller noch werden Treibstoffrückstände sichtbar. Kein klapperndes Teil auf der gesamten Strecke.

Als Kind fühlte sich Steven Barrett von dieser futuristischen Technik, wie sie in den Star-Trek-Serien und -Filmen dargestellt wurde, unglaublich angezogen. Und die Faszination scheint über die Jahre hinweg angehalten zu haben. Denn inspiriert von den gewaltigen Raumschiffen in Captain Kirks Ära, widmete sich der heutige Luftfahrt- und Weltraumtechniker in seinen Forschungen der Entwicklung eines Flugzeugs, das ohne jegliche bewegliche Teile und auch ohne Treibstoff angetrieben wird.

Mehr als 100 Jahre, nachdem das erste Flugzeug in die Luft gestiegen war, ließ er nun mit seinen Forscherkollegen vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) erstmals eine Maschine starten, die mittels Ionenwind angetrieben wird. Völlig geräuschlos und abgasfrei.

Neue Möglichkeiten

Anstelle von riesigen geräuschgewaltigen Propellern und Turbinen, angetrieben mittels überdimensionaler Batterien und fossilem Treibstoff, bewegt sich das neue Fluggerät nahezu geräuschlos durch die Luft. Ein leiser, aber dennoch gewaltiger Ionenfluss, der an Bord der Maschine produziert wird und genügend Schubkraft entwickelt, sorgt dafür, diese anhaltend und stabil im Flug zu halten.

"Das eröffnet uns neue und noch unentdeckte Möglichkeiten für die Flugtechnik", schildert Barrett in der im Fachmagazin "Nature" publizierten Studie. In naher Zukunft könnte die Technik etwa bei Drohnen angewendet werden, so der Forscher. In weiterer Folge sind Passagierflugzeuge oder andere größere Flugzeuge mit Hybridantrieb denkbar. Also Systeme, die Treibstoffsteuerung und Ionenwindtechnik kombinieren und damit auch wesentlich kraftstoffsparender unterwegs sind.

Der Ionenwind war erstmals in den 1920er Jahren beschrieben worden. Ein Ionentriebwerk nutzt den Rückstoß eines zwischen zwei Elektroden erzeugten Ionenstrahls zur Fortbewegung. Ist dieser stark genug, kann er genug Schubkraft generieren, um sogar ein kleines Flugzeug anzutreiben, skizziert Barrett.

Eine lange Reise

Das nun konstruierte Objekt gleicht einem leichtgewichtigen Gleiter. Das Fluggerät wiegt ungefähr 2,3 Kilogramm und besitzt eine Flügelspannweite von fünf Metern. Eine Reihe an Kabeln, zwischen denen der Ionenwind produziert wird, überzieht die Flügel. Im Rumpf der Maschine sind Lithium-Polymer-Akkus untergebracht. Auf diese Art und Weise können die Batterien 40.000 Volt Leistung erzeugen, schildern die Forscher.

Die Testreihe starteten sie in der Sporthalle des "MIT’s duPont Athletic Center". Sie konnten das Fluggerät im mehrmaligen Versuch über eine Strecke von 60 Metern - das entspricht auch der Länge der Sporthalle - permanent in der Luft halten. In weiterer Folge wollen die Wissenschafter mit noch viel weniger Spannung noch mehr Ionenwind erzeugen.

"Die Entwicklung war eine lange Reise. Nun ist es endlich machbar", freut sich Barrett.