Medford/Somerville. Fracking, also die Förderung von Gas, Öl oder Grundwasser aus Gestein, kann die Erdbebenaktivität erhöhen. Das berichtet ein Team der Tufts University im US-Staat Massachusetts im Fachjournal "Science".

Beim Fracking wird durch eine Bohrung unter hohem Druck eine Flüssigkeit in den Untergrund gepresst. Dadurch können Gase und Flüssigkeiten zur Bohrung fließen und unter anderem als Energieträger gewonnen werden. Als Flüssigkeit, auch Fracfluid genannt, dient mit Stütz- und Verdickungsmitteln versetztes Wasser.

Seit Anfang der 1990er Jahre und insbesondere in den USA ab etwa dem Jahr 2000 fokussiert sich die Förderung mittels Fracking auf sogenanntes unkonventionelles Erdöl und Erdgas, auch "Schiefergas" genannt. Der dortige Fracking-Boom veränderte den US-Energiemarkt und sorgte für einen Preisverfall. Dies führte zu einer Debatte über die Rentabilität des Verfahrens. Der Haken: Wenn die Fracking-Flüssigkeit mehr als einen Kilometer hinabgepresst wird, kann sich die seismische Aktivität in der Umgebung erhöhen.

Domino-Effekt

Bisher hatte man angenommen, dass derartige Veränderungen auf die unmittelbare Umgebung der Bohrlöcher, in die die Flüssigkeit diffundiert, beschränken würden. Das Forschungsteam berichtet jedoch, dass Fracking auch Konsequenzen jenseits dieser geografischen Grenzen haben kann. Fracfluid-Injektionen in die Tiefen können sich nämlich über Netzwerke von Bruchlinien aus früheren Bohrungen verbreiten. Je zerlöcherter der Boden ist, desto gefährlicher wird es: Die langsamen Gleitvorgänge der Wassermischungen erzeugen einen Domino-Effekt, der die Erdbebengefahr in der gesamten Region erhöht. In manchen Teilen der USA, insbesondere an der ohnehin erdbebengefährdeten Westküste, würden menschengemachte Erschütterungen des Erdkörpers bereits häufiger auftreten als solche mit natürlichen Ursachen.

Das Forschungsteam nutzte Daten aus experimentellen Fracfluid-Spritzen in Frankreich. Gemessen wurden die Druckerzeugung, die Verschiebung der Bruchlinien und das Ausmaß, in dem sie dem Druck nachgaben. In den Modellen zeigte sich, dass durch Fracfluid ausgelöste Verrutschungen schneller passieren können, als sich die hinabgepresste Flüssigkeit verteilt.

"Die Ergebnisse geben einen bemerkenswerten Einblick in das mechanische Verhalten von Bruchlinien. Wir müssen das davon ausgehende Gefahrenpotenzial neu überdenken", wird Studienautor Pthikrit Bhattacharya in einer Aussendung seiner Universität zitiert. Allerdings seien die meisten durch Fracking verursachten Erdbeben mit 3,0 auf der Richter-Skala kaum spürbar. Je mehr Wasser jedoch in den Boden gedrückt würde, desto gefährlicher könnte es werden.